Dienstaggg
Der Morgen beginnt schön auf der Terrasse – ich bin super müde, aber ausgelassen und zufrieden 🙂 So vergeht das Frühstück und ab Viertel nach 7 beginne ich, mir ein Uber zu suchen.
Die Minuten verstreichen und mit jeder Minute verstreicht auch meine Ausgelassenheit und meine Zufriedenheit. Im Gegensatz dazu wächst meine Ungeduld und mein Hass auf Uber. Keine Fahrer in der Nähe, niemand nimmt mich an – meine Laune sinkt immer weiter und ich werde super müde.
Nach 50 Minuten um 8 Uhr bekomme ich dann endlich mal ein Uber und meine Laune ist im Keller. Caro bemerkt das und lässt mich nicht gehen, bevor ich einen Powerhug bekommen hab. Das verbessert die ganze Welt schon wieder ein gutes Stückchen.
Im Uber erwische ich auch einen netten Fahrer und meine Laune hebt sich erneut ein kleines Stückchen mehr.
25 Minuten zu spät im Krankenhaus angekommen habe ich wenigstens keine Geburt verpasst… Das wär’s sonst gewesen mit der Laune.
Es ist super ruhig am Morgen, also bekomme ich von der Schwester die Aufgabe, das Baby Emergency Regal zu checken. Dafür gibt sie mir eine Liste, wo alles Wichtige aufgelistet ist, und ich soll das abhaken. Man bin ich überfordert mit der Sprache. Die Dinger hören sich ja schon auf deutsch komisch und unmerkbar an, aber das ganze dann auf Englisch zuzuordnen – hui da bin ich erstmal überfordert.
Im Laufe des Durchcheckens entdecke ich aber doch die meisten Dinge und ich bin geschockt darüber, wie unaufgeräumt dieser Rollcontainer ist.
Ich meine – Ja, ich hab eine kleine Sprachbarriere – aber unabhängig davon ist alles einfach super unstrukturiert und unordentlich. Da frag ich mich, wie die Schei** ablaufen soll, wenn wirklich Mal ein Kind notversorgt werden muss.
Bei den Tuben steht zb. auf der Liste, dass Größe 5,8,10 enthalten sein sollen – im Regal sind die Größen 4,7,12 drin. Das teile ich der Schwester mit, aber anstatt die auszutauschen, schreibt sie aufs Blatt einfach 4,7,12 drin und hakt den Punkt ab.
Ja und was wenn des Baby dann genau den Tubus 8 braucht?!?!?
Kann ich nicht verstehen, aber gut hier läuft das wohl so…
Ich versuche, Ordnung in das Regal zu bringen und wir nehmen auch alles einmal auseinander, wischen, beziehen das „Bett“ mit einem neuen Laken etc. sodass das hier auch mal wieder aussieht wie ein organisierter Ort, an dem man wirklich ein Baby versorgen kann – MAN macht mich das sauer.
Am weiteren Morgen stehe ich mal wieder viel herum und habe das widerliche Gefühl von Unnützlichkeit und im Weg Stehen.
Naja was soll ich denn machen, mehr als wieder tausend mal nach Aufgaben fragen, kann ich halt nicht machen…
Dann ist endlich eine Frau ready für die Geburt und meine schlechte Laune wird erstmal sofort weggeblasen.
Einen Kaiserschnitt habe ich schonmal erlebt, aber noch nie eine natürliche Geburt, also bin ich total gespannt und freue mich drauf, etwas neues zu erleben und zu lernen.
Also geht es auch schon los, das Pressen und das Stöhnen beginnt. Schneller als gedacht kann man auch schon die Härchen von dem kleinen bezaubernden Bebi rausgucken sehen.
Ich bin jetzt schon total hin und weg, aber es geht natürlich noch weiter. Nach ein paar weiteren kräftigen Wehen, kommt langsam das blaue, zerquetschte Gesicht des Kindes zum Vorschein. Die Augen geschlossen, alle Gesichtsteile total eingedrückt. Der kleine Babykopf sieht aus wie ein Zug, der wohl etwas die Größe des Tunnels überschätzt hat und jetzt darin feststeckt.
Mit dem nächsten Push, ist der Kopf auch schon draußen. WAHNSINN, das blaue kleine Gesicht kommt nach draußen – wie ein Wal der sich aus dem Wasser hebt und eine Fontäne in die Luft schießt. Aus dem Mund und aus allem drum herum, kommt eine gelbliche Flüssigkeit gesprudelt, wie als würde jemand Luft holen, nachdem er im Meer eine ordentliche Ladung Wasser geschluckt hat. Es erinnert mich irgendwie auch an ein dickes kleines U-Boot, das sich aus dem Meer emporhebt.
Nach kurzer Zeit ploppt plötzlich auch der ganze Körper des Babys aufs Bett.
Der Kopf war harte Arbeit, der Körper flutscht hingegen gefühlt einfach wie aus einem Druckventil geschossen plötzlich aufs Bett und damit hat es die Mama auch schon geschafft.
Dann fängt dieser kleine blaue Schlumpf an zu schreien – und dieser Moment ist wirklich magisch.
Das klitzekleine Wesen wird abgerieben und die Nabelschnur wird durchtrennt.
Nach einiger Zeit kommt dann auch die Plazenta hinterher – die Mutter meint JO das fühlt sich ja an wie eine zweite Geburt haha.
In der Nabelschnur kann man ganz exakt die Nabelarterie und die zwei Nabelvenen erkennen – Wow das ist ein Schlauch mit einem Durchmesser von vielleicht maximal 3 Zentimetern, der dafür gesorgt hat, dass wir jetzt heute dieses Kind im Arm halten.
Super cool, was der weibliche Körper leisten kann – echt beeindruckend.
Das Baby wird gewogen, gemessen und durchgecheckt und dann endlich der Mama auf die Brust gelegt. Erschöpft schmiegen sich Mama und Kind aneinander – ein definitiv wohlverdienter Augenblick und es ist wahnsinnig schön, ein Teil davon sein zu können.
Bei der Geburt ist ein Stück des Damms gerissen, also werden auch noch ein paar Nähte gesetzt (das wird hier alles von den Hebammen gemacht – weit und breit kein Arzt/keine Ärztin in Sicht)
Und so ist es also auch schon vollbracht – ein neues wundervolles kleines Leben hat begonnen.
Danach ist es wieder super ruhig und ich gehe schon um 14 Uhr nach Hause.
Aber immerhin – die Geburt war echt cool 🙂
Zuhause wird Mittagessen gekocht. Der Herd funktioniert endlich wieder, nachdem ich Jemaine am Morgen mit meiner schlechten Uber Laune nochmal ne wütende Nachricht geschrieben hab, dass er sich endlich kümmern soll.
Beim Kochen fällt mir mein Schneidebrett runter und das gesamte Gemüse landet auf unserem widerlichen Küchenboden….. Meine Laune beeinträchtigt das aber nicht, alles eingesammelt, gewaschen und weitergekocht. Beim Essen fische ich zwei Haare aus dem Brokkoli – HMM nicht so appetitlich…. Aber gut umbringen wird mich das jetzt nicht haha – nächstes Mal passe ich besser auf. Caro amüsiert sich natürlich total darüber.

Nach dem Essen schnappe ich mir Caro und wir fahren an den Strand.
Eigentlich zu dem Strand, an dem wir ganz oft sind, wir klettern aber noch weiter nach rechts hinter die Felsen und haben dann tatsächlich erstmal einen ganzen Strand für uns alleine. Wir legen uns halb in den Schatten zwischen die Felsen und genießen die Ruhe – die Zeit nur für uns ohne den Trubel anderer Menschen.
Ein bisschen geredet, ein bisschen gelesen und einfach nur den Ort aufgesaugt. Das ist alles so heilend für die Seele, nur das Meeresrauschen und die eigenen Empfindungen. Hier verarbeite ich auch immer die ganzen Eindrücke aus dem Krankenhaus und die tausend Erfahrungen, die ich hier jeden Tag erleben darf.
Wir beschließen hier auch, uns zusammen ein Auto zu mieten und 10 Tage wegzufahren. Einfach die Küste entlang und anhalten, wo immer wir anhalten wollen. Caros Projekt endet in 2 Wochen und bei meinem Projekt, kann ich auch mal eine Woche fehlen.
Also wird ein bisschen über die Reise geträumt bis ein Mann kommt und uns Gras anbietet. Damit wird unsere schöne Ruhe gestört, wir verneinen – er setzt sich aber ganz in unsere Nähe, obwohl der GANZE verdammte Strand frei ist MANNN. Wir wollen einfach nur, dass er wieder geht und nach einer Stunde passiert das dann endlich auch.
Also gehen wir ins Wasser, weil wir keine Angst mehr um unsere Sachen haben. Dabei merken wir, dass wir gar nicht alleine am Strand sind, sondern dass wir hinter diesen Felsen einfach in unserer eigenen kleinen Welt waren. Auch ein besonderes Gefühl.
Im Wasser fühl ich mich mal wieder total frei, die Wellen sind echt stark. Beim Reingehen bin ich erst bis zur Hüfte drin, als mich plötzlich eine riesige Welle umschmeißt und meinen restlichen Körper mit dem Wasser bekanntmacht. Ich liebe dieses Gefühl einfach, mich wie eine Marionette der Natur hinzugeben und diese Freiheit zu spüren.
Immer wieder ziehen mir Wellen die Füße weg – Caro neben mir ist mindestens genauso happy – also stolpern wir einfach beide gemeinsam lachend durch die Wellen.
Ich lege mich ein bisschen weiter Richtung Strand flach in den nassen Sand, schließe die Augen und pokere, wann mich wohl eine Welle mitspült. Super erfrischend, macht total viel Spaß. Und es ist sehr amüsant, Caro dabei zuzuschauen, wie sie sich dazulegt und sich innerlicher Stress auf ihrem Gesicht abzeichnet haha.
Nachdem wir lang genug da gelegen haben geht es zurück zum Strand und noch die letzten Sonnenstrahlen genießen.
Mit dem Rücken an die Felsen gelehnt, spüre ich die wohlige Wärme, die die Felsen von den zahlreichen Sonnenstrahlen des Tages gespeichert haben.

Umarmt von dieser Wärme mit dem gleichzeitig kalten Wind in meinem Gesicht sehen wir die Sonne ins Meer plumpsen und die Felsen, die Berge und die Stadt in ein farbiges Licht eintauchen.
Mit der Sonne verschwinden auch meine Sorgen des Tages und weil uns langsam kalt wird, machen wir uns auf den Heimweg. Auf dem Weg zurück zur Straße, entlang am Nachbarstrand, sehen wir tausende Pärchen mit zahlreichen Rosen, Kerzen und Picknickkörben im Sand sitzen. ACH es ist ja Valentinstag… Das ist ein riesengroßes Ding hier.
Dem Uberfahrer fällt auf, dass er kein Geschenk für seine Frau hat und daraus entsteht ein lustiges Gespräch bis wir schließlich Zuhause ankommen, ich den Abend ausklingen lasse und müde ins Bett falle.
Bussi Bussis,
~Maite