Surfen, Shoppen, Wer bin Ich

Dienstag. Wir sind gestern Aben vor dem Ende von Loadshedding eingeschlafen und haben deswegen den Lichtschalter angelassen. Mitten in der Nacht ist es auf einmal komplett hell im Zimmer und ich bin sehr verwirrt. Caro der Engel macht es aus und geht aufs Klo hihi. Aufgewacht und Caros Gesicht schaut mal wieder vom Hochbett runter. Man wie ich das liebe. Wir lassen den Tag langsam starten und frühstücken auf der Terrasse: Apfel, Banane, Müsli, Haferflocken und Milch. 

Ein anderes Mädchen aus dem Hostel – Finja – hat sich gestern für einen Surfkurs um 11 Uhr angemeldet und ich möchte mit, um zu schauen, ob da noch etwas frei ist. Die Surfschule ist zu Fuß 30 Minuten von unserem Hostel entfernt, also beschließen wir, das Auto stehen zu lassen und einen Strandspaziergang zum Surfen zu machen. 

Dieser Weg ist begleitet von einer guten Unterhaltung und dann kommen wir auch schon an. An der Tür treffe ich einen Mitarbeiter und erzähle ihm, dass ich gerne einen Surfkurs machen will, aber noch nichts gebucht habe. Er meint, das sei kein Problem und fragt mich, welches Level ich denn bin. Ich antworte wie immer, dass ich das nicht so richtig weiß, weil ich ein wenig in der Mitte stecke und bevor ich überhaupt ausreden kann, meint er direkt – JA dann bist du wohl Anfängerin. Ich bin schon wieder mega genervt, weil ich spüre, wie meine Unsicherheit zurückkommt. Ich beende meinen Satz und erzähle, dass ich das letzte Mal das erste Mal ein Hardboard ausporbiert habe. Er fragt mich, ob ich das gut kontrollieren kann und ich antworte, dass es ziemlich gut geklappt hat – JA – 

Ich weiß eigentlich, dass ich allein deswegen nicht in die Anfänger Gruppe gehöre, weil Finja erst ein Mal surfen war und mit einem großen Softboard surfen wird. Das passt einfach nicht zusammen. 

Er macht weiter mit seinen Fragen, gibt mir ein mega schlechtes Gefühl und drängt mich jetzt schon total in die Ecke. Er hat den typischen Blick in den Augen von wegen „Dummes Mädel, was nichts kann, zu den Anfänger:innen gehört und sich nur für was besseres hält.“, den ich schon so oft erlebt hab und bei dem ich mir denke, EY, ich dachte, die Surfcommunity wär einfach supportive und ohne Vorurteile. 

Er fragt mich, ob ich Wellen Front Face surfen kann – ich schaue etwas unsicher und er sagt mega überheblich „Du weißt nicht, was eine Front Face Wave ist, oder?“ Ich verneine, er erklärt es und ich sage – Ja das kann ich eigentlich schon. Irgendwie werden wir unterbrochen und ich kann mich aus diesem Albtraum lösen. Der Intermediate Coach kommt vorbei und es ist irgendwie plötzlich beschlossen, dass ich den Fortgeschrittenen Kurs mache. Und mit dem Türtypen muss ich mich Gott sei Dank nicht länger rumschlagen. 

Ich bin froh, dass ich hartnäckig geblieben bin, hasse es aber schon wieder, dass ich gegen so viel ankämpfen muss, um es überhaupt versuchen zu dürfen, und mache mir in die Hose, dass ich nicht gut genug bin. 

Gleichzeitig ist der andere Fortgeschrittene in den Anfängerkurs abgesprungen, weil er nicht im Reef-Break – also über den Steinen – surfen will. Das heißt, ich habe zum Preis einer Gruppen-Surfstunde einen Privat-Coach. 😉

Ich bekomme einen Neo und ein ähnliches Board wie mein letztes und der Spaß kann beginnen. 

Mein Surfcoach ist das vollkommene Gegenteil zum überheblichen Türsteher. 

Wir kommen ein wenig ins Gespräch und ich erzähle auch ihm, dass ich immer festhänge zwischen Fortgeschrittenen und Anfängern und Bliblablub. Er lächelt mich an und meint, es sind meine 90 Minuten. Er meint, er hat absolut kein Problem damit, wieder reinzupaddeln und ein paar Wellen am Strand mit mir zu nehmen, dass ich das Board kennenlerne, falls es mir draußen zu schwer fällt. Und dann wieder raus aufs Riff zu gehen. Wie es mir am besten gefällt. Ich freue mich, atme tief durch und vergesse den Türmann. 

Rein ins Wasser und wir paddeln gemeinsam nach draußen. Das ist das entspannteste Rauspaddeln, das ich je hatte. Ich werde kein einziges Mal vom Board geworfen, keine einzige Welle klatscht mir ins Gesicht und ich kome super schnell voran. 

Ich könnte mir vorstellen, dass das an dem Reef-Break liegt, weil die Wellen eben nicht wie bei einem Beach-Break über einen super breiten Abschnitt lang brechen, weil das Meer durch den Sand flacher wird und die Wellen somit nach oben ausweichen müssen. Sondern weil hier die Steine dafür sorgen, dass die Wassermassen nach oben ausweichen müssen.  

Wenn man also einfach da rauspaddelt, wo keine Felsen im Wasser sind, brechen hier logischerweise keine Wellen. 

Ist aber keine bestätigte Theorie haha. 

Lassen wir Theorie mal Theorie bleiben, jetzt geht es ans Surfen. 

Ich verliebe mich von Anfang an in Adrian – meinen Coach. Als wir im Line-Up ankommen, sagt er mir erstmal noch, dass das Wichtigste für ihn ist, dass ich Spaß habe und mich die ganze Zeit sicher fühle. Ich soll ihm immer mitteilen, wie ich mich fühle. Wenn ich mich unsicher fühle – egal ob wegen der Größe der Wellen oder wegen anderen Surfen oder oder oder – können wir einfach etwas ändern, solange er Bescheid weiß. Er möchte nur nicht, dass ich eine schlechte Surfsession habe und er gar nichts davon weiß. Außerdem meint er, er gibt mir am Anfang erstmal noch einen Schub, wenn ich die Welle anpaddele, sodass ich sie leichter bekommen kann und dann schauen wir, ob ich genug Kraft hab, um alleine zu paddeln. 

Die ersten beiden Wellen erwische ich nicht und frage nach Tipps. Er meint, das lag nicht an mir, sondern daran, dass die Wellen hier teilweise super unberechenbar sind und einfach unter mir durchgeschwappt sind. Selbst für ihn sei es hier manchmal schwer, diese zu lesen. 

Er gibt mir auch Anweisungen, wie ich paddeln muss – also left, straight oder right und korrigiert auch immer während ich schon losgepaddelt bin. Damit kann ich super viel anfangen und die nächste Welle bekomme ich auch direkt. So geht das die gesamte Session lang weiter und ich erwische so viele gute Wellen – es macht unglaublich viel Spaß. 

Adrian sagt mir, dass mein Pop-Up echt gut ist und dass ich auch die Korrekturen, um die Welle zu bekommen, eigentlich alleine mache und das meistens genau treffe. 

Eine mega tolle Mischung aus Lob und konstrukiver Kritik. Die meisten Wellen sucht er für mich aus – anpaddlen tu ich sie aber alleine. Er meint, ich paddele eh so schnell, dass er kaum an mich rankommt, um mir einen Schubs zu geben. Ich freue mich einfach mega und das Surfen macht so so viel Spaß. Mit dem Hardboard komme ich echt gut zurecht, hier sind wenig Leute im Wasser und die, die da sind, sind total lieb. Ich habe kein einziges Mal das Gefühl von Überforderung, Fehl-am-Platz-Sein oder Verurteilung. Es ist einfach eine perfekte Surfstunde und ich lerne so viel. 

Somit verfliegt die Zeit natürlich auch wie im Flug und bald muss ich die letzte Welle nehmen. Adrian nimmt die nächste und dann paddeln wir gemeinsam zurück an den Strand. Man war das toll und ich bedanke mich von Herzen. 

Daraufhin bedankt auch er sich und meint: „Es macht Spaß, mit jemandem zu trainieren, der weißt, was er tut bzw. der weiß, wie man lernt.“ und dass ich auf jeden Fall weitermachen soll.  

Mit einem riesigen Grinsen im Gesicht geht es für mich zurück zur Surfschule. 

14.03.2023 Bild aus Victoria Bay – passt hier ganz gut rein hehe

Ich gebe alle Sachen wieder ab und erkundige mich nach einem Surfkurs für morgen. Dann erwartet mich auch schon Caro und wir gehen in eine kleine Tapasbar am Strand. Ein dampfender Kaffee und Croquetten bzw frittierter Blumenkohl. Dazu spielen wir Backgammon und der Tag könnte nicht schöner sein. Ich bin einfach so unfassbar happy, mit Caro an diesem Ort zu sein, das alles hier erleben zu dürfen und habe mal wieder das starke Gefühl, dass ich es gar nicht fassen kann, hier zu sein. 

14.03.2023 Carooooo<3

Nachdem wir hier eine Weile gesessen haben und alle Leckereien verspeist haben, geht es ins Billabong Outlet. Das ist hier direkt nebenan und es gibt Tonnen an Tonnen an Tonnen von Billabong Sachen, die alle unfassbar reduziert sind. Diese Shoppingtour ist super anstrengend, weil der Laden RIESIG ist, macht aber total viel Spaß. 

Ich liebe diese Marke sowieso, aber neu sind diese Sachen schon eher teuer. In diesem Outlet hier könnte ich hingegen für immer bleiben. 

Nach tausend Umziehaktionen und tausend angeschauten T-Shirts, entscheide ich mich für 2 Shirts und ein T-Shirt-Kleid für insgesamt 20 EURO?!?! Wasss? Alles Reduzierte in diesem Laden ist nochmal um 50% reduziert. Normalerweise hätte ich für diesen Preis wohl kaum ein T-Shirt bekommen. Das ist das erste Mal, dass ich hier in Südafrika Klamotten shoppen bin, und ich denke, die drei Sachen wird mein Rucksack noch vertragen. 

Wir sind total platt, ziehen beide unser Kleidchen an und spazieren die halbe Stunde zum Hostel zurück. Dann wird noch eben eingekauft für Ofengemüse abends und danach erstmal geduuuscht.

Gemüse geschnippelt und ab in den Ofen damit. In der Küche unterhalten wir uns mit ein paar Volunteers und anderen Hostelbewohner:innen. 

Nach einer halben/dreiviertel Stunde schauen wir mal in den Ofen und das Gemüse hat sich kein Stückchen verändert. Die Volunteers meinen, der Ofen taugt wirklich überhaupt gar nichts und dass wir da Jahrzehnte warten können. Na super… Also wird alles in einen Topf umgeladen, ein wenig Wasser draufgepackt und gehofft, dass das irgendwie noch etwas wird. 

Die Volunteers haben heute Staff-Dinner, also einen riesigen, gut riechenden Topf voller Dal und wir sind etwas neidisch… Naja, unser Gemüse wird dann irgenndwann mehr oder weniger durch und mit Guacamole lässt sich das ganz gut essen. 

Abgespült und aufgeräumt, dann wird eine Runde „wer bin ich“ gespielt. 

Auf englisch, da ein Local und eine französische Volunteerin dabei ist und ich find’s cool, mal wieder englisch zu sprechen. 

Ich mag das Spiel nicht so mega gerne, aber es ist trotzdem schön, mal ein bisschen mit neuen Leuten zu interagieren. 

Ich bin der Weihnachtsmann und habe die ganze Zeit wirklich nicht den blassesten Schimmer davon. 

Der eine Local, der dabei ist, ist unfassbar abgehoben und macht die ganze Zeit schon super unangebrachte Kommentare. Ich schlucke es die ganze Zeit herunter, bis er irgendwann sagt, was das wohl über uns aussagt, dass wir fast alle Disney- oder Cartoon-Charaktere zum Erraten ausgewählt haben. (Es gab SpongeBob, Biene Maja und er war Barbie – hat es sehr lange nicht erraten) 

Da ist das Fass dann auch voll und ich sage ihm, wenn er sich uns geistig so überlegen fühlt, dann kann er ja gerne gehen, mit anderen Leuten seine Zeit verbringen und aufhören, hier negative Energie zu verbreiten. Da meint er noch, dass es für ihn nur verschwendete Lebenszeit ist, wenn er mit Leuten Zeit verbringt, ohne sein Gehirn dabei zu fordern und dass er deswegen nur Schach spielt. Und dass er ja Psychologie studiert und alles reflektiert. 

Die Hälfte der Menschen ist schon gegangen, weil er einfach absolut schlechte Laune verbreitet und ich schließe mich der Masse an. 

Caro studiert ja auch Psychologie und geht wegen der Studiums-Aussage an die Decke. Ich weiß nicht, wo und aus welchen Reserven sie die Energie dafür hernimmt, aber sie lässt sich auf eine Diskussion mit ihm ein und bekommt Dinge zu hören wie „Er ist zu Buddha gegangen, er ist frei und wir hängen alle in unserem westlichen Schloss fest, er hat nur sein Auto und seinen Hund und so weiter und so fort“ 

Während Caro sich das antut, unterhalte ich mich super lieb mit einer der Volunteerin, die die Garden Route noch machen möchte, gebe ihr Tipps und verbringe den restlichen Abend mit einem dankbaren, fröhlichen Menschen anstatt mit einem überheblichen Greg. 

Irgendwann rette ich Caro aus ihrem Gespräch, wir putzen Zähne und gehen ins Bett. 

Bussi Bussis,

~Maite

Ein Kommentar bei „Surfen, Shoppen, Wer bin Ich“

  1. Einfach spannend immer weiter dabei zu sein, Dankeschön

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