Sonntag. Ich wache nach 8h Schlaf auf und bin trotzdem noch total platt. Die Reise hängt immernoch hinterher.
Ich packe alle meine Sachen zusammen und stelle alles unten in die Lobby, wo Bhagawan schon wartet. 9 Uhr war abgemacht und es ist erst 8:45. Er ist wirklich so überpünktlich – das überrascht mich total. Um 8:58 ruft er gestresst Juan Carlos an, wo der denn bleibt. Ähm es ist 2min vor geplanter Uhrzeit haha. Naja muss ich nicht verstehen.
Wir frühstücken und ich finde heraus, dass die Pancakes und die Eier hier sehr untypisch sind – Frühstück ist hier dasselbe wie Mittag- und Abendessen. Das habe ich mir schon gedacht.
Um halb zehn geht es los zum Flughafen, die Amerikaner:innen abholen.
Es ist total verrückt, diesmal auf der anderen Seite der Schilder zu stehen. Bei mir ist das gerade Mal 3 Tage her… Wahnsinn. Was ich alles schon erlebt hab, seitdem ich an diesem überwältigenden Ort angekommen bin.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen dann alle an und wir gehen zum Van. Alle Sachen werden aufs Dach gelagert – in meiner Abwesenheit landet auch Penguiny da oben. Neiiiinn bitte wird der nicht dreckig…

Ich mache noch ein Gruppenfoto von Juan Carlos, Bhagawan und den Amerikaner:innen.
Danach geht es ab in den Bus und die Reise beginnt. Ich sitze mit Juan und Tom – dem einen Lehrer in der ersten Reihe hinter dem Fahrer. Wir führen einige spannende Unterhaltungen über alles mögliche: Verschiedene Kulturen, Deutschland, die USA, Urlaub, Reisen usw.
Irgendwie ist das alles ein wenig komisch, ich bin keine der 14-17jährigen Schüler:innen, aber auch keine Lehrerin und ich hänge irgendwie so dazwischen. Alle mussten ihr Handy abgeben, ich habe meins noch und schreibe an meinem Reiseblog, es fühlt sich irgendwie falsch an haha.
Wir haben alle Panik bei der Fahrweise des Fahrers. Das ist hier ganz üblich in Nepal, aber wir sehen es alle schon immer krachen, bis der Fahrer kurz vorher noch ausweicht. Und dann die Motorradfahrer:innen – ich hätte echt gern so viel Vertrauen ins Leben wie die!
Allgemein ist die Straße wirklich sehr sehr schlecht – überall Schlaglöcher. Die Autofahrt gleicht also eher einer Achterbahnfahrt.
Ich bin auch immernoch total kaputt, ich kann mir nicht vorstellen, wie das für die anderen sein muss – die sind direkt aus dem Flieger in diesen Albtraumbus gestiegen und sind mittlerweile seit über 30h unterwegs.
Durch die Straßen zu fahren ist total verrückt, alles sieht so anders aus. Die Berge, die Felder, die als Terassen gebaut sind und die kleinen Häuschen am Straßenrand. Alle Trucks und Autos sind hier total bunt – so auch die Häuser. Das Bild ist wirklich so schön und es sieht tatsächlich ziemlich ähnlich aus zu dem, was ich mir vorgestellt habe. Ich bin total glücklich über diese Umgebung. Alles wirkt so glücklich und down to earth.
Man sieht richtig, wie die Menschen einfach mit etwas weniger glücklich sind. Ich genieße es total, aus dem Fenster zu schauen.
Immer wieder fahren wir auch an Hängebrücken vorbei, ich frage mich, ob das eine besonders günstige Bauart ist oder einfach nur praktisch und schön. Vielleicht eine Kombi aus allem.
Überall hier gibt es auch ganz ganz kleine Waldbrände, wie man rechts auf dem Bild unten sehen kann.

Bald gibt es die erste Pipipause, die ich dringend nötig habe und ich lerne zum ersten Mal wieder die Stehklos kennen. Auch kein Klopapier. Man merkt deutlich die unterschiedlichen Hygienestandards, wobei Tankstellenklos in Europa definitiv fast genau so schlimm sind.
Ich habe Adiletten und eine weite Flatterhose an – nicht das beste Outfit für einen solchen Ort. Ich halte meine Hose irgendwie oben und versuche, dass auch von meinen Adiletten nichts außer die Sohle diese eklige Flüssigkeit auf dem Boden berührt, von der man nicht richtig weiß, was das ist und man nur hoffen kann, dass das Wasser ist.
Überlebt, Adiletten ganz stark im Staub abgestriffen und ab zurück ins Auto.
Die Albtraumfahrt mit atemberaubenden Blick geht weiter mit viel Gerumpel, viel Geschlafe und Wiederaufwachen.
Irgendwann machen wir endlich eine Lunchpausseeee. JAAAA.
Ich sitze wieder am Lehrertisch und hänge wieder etwas in der komischen Mitte.
Wir essen nepalesisches Essen: Als Vorspeise gibt es eine Art Kartoffelbällchen – Kartoffelbrei wird frittiert, das schmeckt mega geil. Die Soße dazu ist wieder ultra scharf, aber mittlerweile bin ich tatsächlich im Schärfespiel drin und dippe mein Kartoffelbällchen sogar freiwillig mehrmals in die unfassbar scharfe Soße.
Wer mich kennt wird sich fragen, wie zur Hölle das passieren konnte oder ob ich eine Gehirnwäsche erlitten habe.
Ich versteh’s selber nicht so ganz. Kann man sich so schnell anpassen? Ich hab keine Ahnung…
Als Hauptspeise gibt es wieder Dal Bhat – das gleiche Gericht wie gestern. Diesmal schmeckt es mir noch viel besser und es ist auch etwas weniger scharf.
Die Beilagen variieren immer etwas – besonders sind heute die Bratkartoffel und die frittierte Zucchini. SOOOO GUT! Auch in diesem Restaurant wird so lange nachgegeben bis man nicht mehr kann. Da kann Maite ja nur glücklich sein!
Ich frage mich jetzt schon, ob sich mein Körper irgendwie verändern wird, wenn dieses Essen wirklich so monoton gleich bleibt mit dem Reis.
Die zwei nepalesischen Fahrer neben mir Essen wirklich ihr gesamtes Essen mit denn Fingern – das ist für mich total bizarr und spannend zu sehen. Reis mit Soße und sie mixen alles mit ihrer rechten Hand und ab in den Mund damit.
Ich kann nicht anders als dass mir der Gedanke durch den Kopf fliegt, dass das schon etwas unzivilisiert aussieht, und fühle mich dabei unglaublich schlecht und „europäisch überheblich“ oder wie auch immer man es nennen will. Naja, man ist es wohl einfach nicht gewohnt. An sich ist ja wirklich nichts Verwerfliches daran, danach werden die Hände gewaschen und alles ist wieder frisch.
Mir schmeckt das Essen auf jeden Fall mega gut und ich kaufe mir noch eine Cola – 40ct. Glasflasche. Diese Cola bringt mich zurück ins Leben und die weiteren Minuten der Autofahrt sind wieder besser erträglich. Bis auf den ganzen Schweiß und alle Kleidungsstücke, die an mir kleben.
Ich nicke gerade wieder ein, als es die nächste Pipipause gibt. Nicht, dass ich sie nicht dringend nötig habe wegen der Tonnen an Wasser, die ich hier trinke, aber warum ist das Timing immer so schlecht. Man schläft gerade ein und BOOM – Pauseeee.
Die gute Nachricht – wir fahren wohl nur noch eine halbe Stunde.
YIPIIIEEEEEEEEEEE.
Als ich nach einem kurzen Schläfchen wieder aufwache, merke ich, dass sich um uns herum ganz viel Leben befindet – wir sind wohl in Chitwan angelangt und fahren durch kleine Gassen. Es ist ziemlich ähnlich zu Kathmandu vom Trubel her, aber etwas ländlicher.
Total schön. Bald erreichen wir Bhagwans Haus und es befindet sich inmitten der wunderschönsten Reisfelder – WOW, es ist so toll hier. Es wird langsam dunkel, also hört man förmlich alle Krabbelviecher und Mücken erwachen, die Grillen sind unfassbar laut.

Wir laden das Gepäck vom Dach und ich sehe, dass Penguiny total dreckig ist. :‘) das macht mich echt ziemlich traurig, aber gut ich kann’s nicht ändern. Überall Staub und ein schwarzer Strich von Festzurren. Mannooo. Naja so bekommt er wohl Charakter. Ich find’s eh verrückt, wie viel der mir jetzt schon bedeutet – das ist irgendwie meine Konstante seit meinem Abflug aus Südafrika. Der schläft mit mir ein und wacht mit mir auf. Hört sich vllt crazy an, aber so bin ich nie alleine hehe.
Als wir ankommen verteilt Bhagawan erstmal Mückenstecker. Er gibt mir auch einen fürs Waisenhaus später, der mir wahrscheinlich mein Leben retten wird.
Die Amis werden auf ihre Zimmer verteilt und ich bin mal wieder etwas verloren in der Gegend. Dann sammeln sich alle unten und es gibt eine kleine Einführung. Meiner Meinung nach ist das totaler Bullshit – manche schlafen schon auf der Couch, manche haben die Augen offen, schlafen aber innerlich schon und selbst die, die es wirklich versuchen sind längst nicht mehr aufnahmefähig. Ich glaube, die waren jetzt ca. 40h unterwegs… Lasst die armen Wesen doch ins Bettchen gehen. Ich fühle mich aber nicht wichtig genug, um etwas zu sagen. Klopapier nicht ins Klo, kurz duschen und solche Sachen (ok das ist für heute abend wichtig) aber dann gibt es eine Erklärung für die nächsten Tage, was wir machen werden, was wichtig ist und so weiter. Für mich ist es recht spannend, weil ich ja wirklich gar keine Ahnung hab, was mich erwartet haha. Arbeitskleidung und Handschuhe – PERFEKT nichts von beidem dabei, dafür aber meine weißen Krankenhausklamotten. Naja irgendwie bekomme ich das schon geregelt.
Es wird betont, dass jeder während der Hitze und der Arbeit vor allem auf seine Gesundheit achten soll. Dann werde ich vorgestellt, dass ich auch Erfahrung im medizinischen Bereich habe und auch die ganze Zeit dabei bin.
Ahhhjaaa so habe ich mir das nicht vorgestellt haha. Mir wird kurz das Wort gegeben und ich erzähle kurz, wer ich bin und wie ich hier gelandet bin.
Nachdem die Einführung fertig ist und alle entweder ins Bett oder zum Abendessen gehen, höre ich mein Namen und gehe zur Lehrerin und einem Mädchen, dem schwindelig ist und das Bauchschmerzen hat. Ayayay das kann ja was werden haha. Die waren 40h unterwegs und haben auch noch einheimisches Essen jetzt gegessen. Denke, das ist keine Wissenschaft, dass der Körper verwirrt ist und es einem mies geht.
Also sage ich, sie soll viel Wasser trinken und sich einfach direkt hinlegen. Sie will noch zwei von ihren typischen Bauchschmerztabletten nehmen – eine Mitschülerin hat die dabei und damit ist das alles auch erledigt. Ab ins Bett.
Für den Rest, der will – inklusive mir gibt es noch Abendessen. Dal Bhat, wie kann es auch anders sein. Es ist noch nicht ganz fertig, deswegen spielen wir an meinem Tisch noch ein Kartenspiel, das mir erklärt wird, und ich lerne so schonmal ein paar Namen.
Während des Spiel ist das Essen aber auch schon ready.
Schmeckt sehr gut, das Essen gestaltet sich aber ziemlich kurz. Danach gehen alle fix ins Bett.
Ich muss noch hier bleiben und auf Bhagwan warten, dass er mich zum Waisenhaus fährt. Er ist endlich wieder mit seiner Familie vereint, die auch hier wohnt, deswegen lässt er sich dafür recht viel Zeit, was man ihm natürlich auch nicht übel nehmen kann. Meine Reise für heute ist also immer noch nicht beendet und ich möchte gerne einfach nur ankommen.
Diese ganze Reise war so unglaublich anstrengend, ich bin schon total k.o. und jetzt geht es noch in ein fremdes Waisenhaus, bei dem ich keine Ahnung habe, was mich erwartet.
Ich sitze mit Juan Carlos und Tom auf dem Boden und dehne mich – das tut soooo GUT!
Wir unterhalten uns, als noch Mary dazukommt (die andere Lehrerin)
Bald ist Bhagawan endlich mit dem Abendessen fertig, ich hieve mein gesamtes Gepäck in den Van und wir fahren los. In den Bus steigen auch noch ein paar andere Nepalesinnen ein, die wir zwischendurch auf dem Weg absetzen – ich glaube, das sind Bhagawans Verwandten.
Mir fällt es schwer, zu beschreiben, wie ich mich in diesem Bus fühle. Es ist eine Mischung aus Angst, Überwältigung, Überforderung, Übermüdung, Freude, Aufgeregtsein, Ungewissheit und vor allem riesiger Nervösität.
Vor 3 Tagen war ich noch in Südafrika und jetzt fahre ich plötzlich komplett unvorbereitet – mehr oder weniger alleine – in ein nepalesisches Waisenhaus.
Es ist mittlerweile bald halb zehn, ich weiß nicht, ob mich die Kinder alle erwarten, oder ob alle schon im Bett sind oder oder oder.
Schon bei der Fahrt durch das kleine Dorf mit diesem riesigen Reisebus, fühle ich mich wie eine Außerirdische. Gefühlt alle Menschen starren mich an – nicht in einer negativen, abwertenden Weise, aber eben einfach mit neugierigen Blicken, was ich hier wohl zu suchen habe.
Ein kleiner Teil von mir wünscht sich, dass diese Autofahrt einfach nie enden wird, weil ich mich nicht bereit fühle für das, was kommt. Bald rumpeln wir aber schon in den letzten kleinen Weg hinein und meine Nervösität steigt nochmal um ein Vielfaches. Wir erreichen das Waisenhaus und mich erwarten schon locker 50 lächelnde Kinder. Es fühlt sich ganz verrückt an, hier zu halten und mit meinem gefühlt riesigen Gepäck anzukommen. Der Leiter des Waisenhauses begrüßt mich super lieb und spricht auch fließend englisch. Alle Anspannung weicht ziemlich schnell von mir. Die ganzen lächelnden Kinder führen dazu, dass ich mich entspanne und mich direkt wilkommen und aufgehoben fühle. Ich lerne sie allerdings nur ganz flüchtig kennen, einge Male lächeln, einige Male „Namaste“ sagen, einige Male die Hände falten – so gehe ich mit dem Leiter an den Kindern und vor allem auch Jugendlichen vorbei.
Er und Bhagawan bringen mich direkt zu meinem Zimmer, was total bunt und offen ist. Ich find’s superschön und es ist auch echt groß! Außerdem habe ich auch mein eigenes Badezimmer mit „normaler“ Toilette und kalter Dusche. Alles tiptop. Ich bekomme sogar das Wlan-Passwort, das wird aber nicht funktionieren.

Für meinen Reiseblog und kleine Updates nutze ich jetzt einfach meine Daten.
Dann verabschieden sich Bhagwan und der Principal und das Abenteuer für heute ist erstmal beendet. Das tut echt gut. Ich gehe nur noch Zähne putzen, ziehe mich um und schmeiße mich aufs Bett und knuddel erstmal Penguiny. Tausende Mücken gibt’s hier auch noch, alleine bin ich also nicht. Der Mückenstecker wird auch noch installiert und dann werden ganz viele Nachrichten beantwortet und mein Reiseblog hochgeladen. Gegen 12 Uhr geht es ins Bett, schlafen tue ich aber echt wenig wegen meiner Allergie, die hier verrückt spielt, und Mücken, die mich trotz Mückenstecker attackieren. Ich hatte ihn nicht auf höchster Stufe, also wird das noch erledigt, danach wird durchgeschlafen. Um 6:45 Uhr wird mein Wecker klingeln.
Und dann startet ein super aufregender Tag und ich kann es kaum erwarten.
Bussi Bussis,
~Maite
Maite rockt..❤️
So toll, wie Du das alles meistert!
Frohe Ostern und ganz dicke Bussis auch oder vor allem von Oma und Opa
…. Das Buch im Wohnzimmer in Kaarst wird größer und größer ❤️
Kuss Mama