Montag.
Die Nacht ist irgendwie nur so halb toll… Vor dem Schlafengehen sehe ich einen mega schnell krabbelnden Schatten an der Wand und dieser kleine Moment beschenkt mich nachts mit wahnsinnig verrückten Albträumen über Spinnen. Ich bilde mir im Halbschlaf auch ein, dass beide meine Bettnachbarn ihre Betten von der Wand weggeschoben haben, um zu verhindern, dass die Spinne auf sie draufkrabbelt.
Also rutsche ich mit meinem Kissen ein Stückchen runter, um mich auch etwas zu schützen. Das Hochbett mit einer anderen Person, die unter mir schläft, kann ich ja natürlich nicht einfach so verschieben. Dass es meinen Bettnachbarn mit ihren Betten genauso gehen würde, checke ich natürlich erst am nächsten Morgen, als ich aufwache und mir denke Was zur Hölle ist in deinem Kopf vorgegangen?!?
Naja – als ich aufwache fühle ich mich trotzdem total bereit für die Wanderung hihi. Ich bestelle mir einen Kaffee und ein Müsli im Hostel als Frühstück und frühstücke an einem wunderschönen Ort, während ich meinen Reiseblog update.
Das Müsli schmeckt SO GUT – ist frisch und saftig und ich weiß, dass mir das gute Energie für heute geben wird. Der Kaffee ist mit Schaummilch und Muster und ist der erste gute Kaffee, den ich seit Langem getrunken habe. WOW!

Ich unterhalte mich noch ein wenig mit einem anderen Hostelgast, der mich noch etwas von seiner nepalesischen Kekstüte probieren lässt. Die schmecken viel besser als meine damals auf der Busreise mit den Amis.
Ich brauche ziemlich lange für das Müsli, weil es sooo voll ist und ich muss am Ende etwas kämpfen. So bin ich aber tiptop gestärkt für meinen ersten großen Taggg.
Als ich noch dort sitze, kommt mein Guide auch schon an. Er sieht sehr sympathisch aus und meint, dass ich mir keinen Stress machen brauche.
Ich muss noch Zähne putzen, den restlichen Kleinkram in meinen Rucksack schmeißen und dann bin ich startklar. Ich nehme noch ein paar letzte Sachen raus, bei denen ich doch entscheide, dass ich sie nicht brauche und bringe sie noch schnell zu Nysa ins Zimmer.
Dann geht es los und das Taxi wartet draußen schon auf uns.
Ich bin so aufgeregt und freue mich riesig. Ich kümmere mich noch schnell ums Hochladen meines Reiseblogs – dann ist das erledigt und ich konzentriere mich auf die Fahrt. Die Straßen sind nämlich wirklich so unglaublich schlecht, dass ich sonst meinem Fahrer von hinten eine unerwartete Dusche schenke.
Dann schaue ich aus dem Fenster – und sehe die hohen spitzen der SCHNEEWEIßEN Berge. Ich kann meinen Augen nicht trauen – ich bin begeistert, geflasht, umgehauen, sprachlos und wunschlos glücklich. Ich schaffe es nicht, meine Mundwinkel unten zu halten – ich will am liebsten vor Freude losschreien.
All diese Berge habe ich auch immer mal wieder in Chitwan aus der weiten Ferne gesehen, wenn der Himmel mal aufgeklart hat. Jetzt sehe ich sie aber in ihrer vollen Schönheit, in ihrer gesamten Pracht vor – und über mir – und dieses Gefühl ist so überwältigend. Meine Freude auf die Wanderung steigt nochmal um ein Vielfaches durch die Decke und ich kann es gar nicht erwarten.
Ich strecke meinen Kopf aus dem Fenster wie ein glücklicher Hund, Blick immer auf die Berge gerichtet. Der Wind bläst mir um den Kopf, ich werde von den schlechten Straßen durchgeschüttelt, aber sehe glaube ich auch aus wie ein glücklicher, verspielter, kleiner Hund. Ich fühle mich einfach nur frei.
Die Fahrt soll ungefähr eine Stunde dauern, dann hält der Fahrer an und wir stehen auch schon am Anfang meiner großen kleinen Reise.
Ich nutze noch kurz die Toilette und dann GEHT ES LOS!
Keine paar Meter gelaufen und ich bin schon so glücklich. Es beginnt mit gaanz ganz vielen Steintreppen – halleluja ist es heiß und uiuiui ist das anstrengend. Mit meinem Rucksack komme ich so weit gut klar und mein Guide – Bikram – zeigt mir noch, wie man die Strapse am besten justiert.
Dann wird gewandert und ich habe einen hochroten Kopf, aber es macht mir unglaublich viel Spaß.

Zwischendurch machen wir kurz einen Sonnencreme Stopp, damit ich nicht auch später eine Tomate bleibe, wenn die Anstrengungsröte verfliegt 😉
Man mit diesem Rucksack auf dem Rücken schwitzt man wirklich unglaublich. Naja, das wird jetzt für die nächsten 5 Tage einfach so akzeptiert.
Ich hab jetzt schon so viel Spaß am Wandern und freue mich total auf die nächsten Tage.
Nach 2,5h sagt der Guide auf einmal, dass wir unser Tagesziel jetzt erreicht haben.
Ne oder? Ehrlich jetzt? Ich bin total enttäuscht – beim Buchen stand, dass man 6h pro Tag wandert. :((
Es ist noch nicht Mal 12 Uhr und nach meiner Einsamkeit in Chitwan möchte ich nicht schon wieder den gesamten Nachmittag mit meinen Gedanken alleine sein.
Ich esse Momo’s zum Mittagessen, die gut schmecken, bin mit meinen Gedanken aber ganz woanders. Ich bin echt richtig enttäuscht und hab Angst, dass die nächsten Tage auch so werden.
Ich verabschiede mich in mein Zimmer und es laufen erstmal ein paar Tränen. Ich habe mich so so sehr auf diese Wanderung gefreut – um mich auszupowern, um mich wiederzufinden und mich mal auf andere Gedanken zu bringen.
Jetzt sitze ich hier seit 12 Uhr auf der Hütte und bin schon wieder alleine.
Das ist im ersten Moment einfach ein bisschen viel. Ich frage mich, warum mich das schon wieder so krass mitnimmt. Ja okay – ist vielleicht nicht so, wie ich’s mir vorgestellt habe, aber doch trotzdem schön. Warum laufen dann direkt wieder die Tränen und alles scheint so unüberwindbar? Ich fühle mich irgendwie mega unwohl mit mir selbst und frage mich, was zum Teufel eigentlich los ist. Ich war doch die letzten 4h wunschlos glücklich.
Nachdem ich mich nach einer halben Stunde wieder gefangen habe, denke ich mir – NE! JETZT REICHT’S MAITE! SPINNST DU EIGENTLICH?!?
Ich beschließe, dass verloren und traurig sein jetzt vorbei ist und dass ich mein Leben einfach selber in der Hand habe!
Also gehe ich nach draußen zu meinem Guide, um ihm zu sagen, was ich denke und wie ich mich fühle.
Ich mache es auf eine respektvolle Art, aber ich sage ihm, wie enttäuscht ich vom heutigen Tag bin und dass ich mich auspowern und eine Challlenge haben möchte. Außerdem, dass ich noch total viel Energie habe und ich die gerne nutzen und loswerden möchte.
Bikram ist super lieb und meint – Kein Problem; wir können auch einfach den Zeitplan für die Wanderung ändern und dafür am Ende noch etwas hinzufügen. Wir besprechen die Route und ich bin wirklich total erleichtert. Zwischendurch unterhalte ich mich noch recht lange mit einem Mädchen aus Israel, die mit zwei anderen mittlerweile auch am Hostel angekommen ist.
Sie meint, dass es ihr genau so geht – allgemein unterhalten wir uns aber einfach total nett und auch das stimmt mich wieder positiv.
Mit Bikram beschließe ich noch, dass wir heute eine kleine Wanderung um die Hütte dranhängen, weil es zum nächsten Stopp etwas weit jetzt noch wäre.
Cooliooo also geht es los.
Ich bin wieder voll und ganz happy und beim Wandern denke ich mir: Das erlebst und fühlst du gerade nur, weil du es selber in die Hand genommen hast und gesagt hast, was dir nicht gefällt. Es kann so einfach sein.
Ich lerne ein paar nepalesische Worte, fange an bis 20 zu zählen und unterhalte mich total nett mit meinem Guide.
Es ist verrückt, wie schnell und unanstrengend die steilen Steintreppen vergehen, wenn man währenddessen versucht, auf nepalesisch bis zwanzig zu zähen 😉
Am Ende des Trips muss das sitzen – jetzt brauche ich noch ganz schön viel Hilfe haha.
‚Malai ocallo monporsa‘ – Ich liebe Wandern! :-))
„Bainee“ – kleine Schwester. Das ist der Spitzname, den ich von Bikram bekomme und ich finde das so so süß. :‘)
Wir kommen an einer großen Büffelherde vorbei – davon werden wir bestimmt noch ganz viele sehen.
Und große Kuhfladen gibt es auch überall – fühlt man sich ja fast wie Zuhause.
Bei einer Hütte lädt Bikram mich auf einen Masala-Tee ein, der echt ziemlich scharf ist.
Danach schauen wir uns noch eine kleine, runtergekommene Hängebrücke an, die jetzt nicht mehr gebraucht wird, weil eine Jeepstraße gebaut wurde.
Dann geht es auch wieder zum Hostel.
Auf dem Rückweg sehen wir eine Affenfamilie, die von Baum zu Baum hoppst. Manche Affen haben sogar kleine Babyäffchen um den Bauch geschlungen und es ist ein Fest, dabei zuzuschauen.
Wow – wie toll! Allgemein ist die Tierwelt hier so unglaublich schön. Bunte Schmetterlinge, Vögel und vieles mehr.
Zwischendurch rascheln die Affen so laut, dass man teilweise das Gefühl hat, sie sind abgestürzt haha. Dabei war das nur ein großer Hops von Baum zu Baum. Ich frage mich tatsächlich, wie oft solche Affen abstürzen – das sieht alles schon sehr abenteuerlich aus.
Naja – dann geht es weiter, bis wir wieder unser Hostel erreichen.
Ich bin gut geschafft und es ist mittlerweile 17 Uhr. Happppyyyy!
Ich bekomme tatsächlich etwas Sonnenbrand in meinem Nacken und lache darüber, dass das ein Problem ist, dass die frühere Langhaar-Maite heute mit kurzen Haaren nicht bedacht hat.
Zuerst unterhalte ich mich wieder mit dem Mädchen – als mein Schwitzen dann aber nachlässt, wird es echt frisch und ich verabschiede mich erstmal unter die Dusche. WARM!
Das tut soooo soo gut und ich genieße die Dusche total. Auch, wenn ich in Chitwan die heiße Dusche wirklich gar nicht vermisse, weil es eh Bollerheiß ist, sind warme Duschen schon immer etwas ganz tolles.
Es ist einfach so wohlig und man kann abschalten.
Danach setze ich mich mit meinem dicken Fleece, meinem Tablet und meinem Buch ans traumhafte Bergpanorama nach draußen und lasse den Abend ausklingen.
Das israelische Mädchen bietet mir an, sich zu ihnen zu setzen, was ich gerne annehme. Und es sind noch zwei weitere Pärchen im Hostel angekommen. Es gibt hier also etwas Leben hihi.
Dann sitzt plötzlich eine große Gruppe an Nepalesen an einem Tisch – einer spielt Gitarre und alle singen. Diese Stimmung ist so so unglaublich toll. Ich erinnere mich zurück an – und freue mich auf – alle Lagerfeuer Abende mit meinen Freunden und kann nicht anders, als anzufangen, zu strahlen. Das scheint einfach so heile und sorglos hier – es ist so so toll. Und ich darf ein Teil davon sein. :‘)
Zum Abendessen gibt es Dal Bhat und es schmeckt wie immer überrageeend!
Ich liebe es auch einfach, dass man hier immer einen Nachschlag bekommt – da kann man sich immer richtig gut voll futtern hehe. Und die Kraft braucht man ja auch fürs Wandern 😉
Ich sitze noch eine Weile im Essensraum und lese, bis ich jetzt schon echt müde werde.
Um 9 Uhr verabschiede ich mich und um halb zehn mache ich dann auch schon das Licht aus – es geht ab in die Heia.
Ich freue mich auf den nächsten Tag.
Bussi Bussis,
~Maite