Donnerstag.
Ich wache um 4:30 Uhr mit Halsschmerzen auf und denke mir och neee. Dann merke ich aber, dass ich warscheinlich einfach nur unglaublichen Durst habe und nachdem ich meine Wasserflasche leere, geht es wieder.
Das mag verrückt klingen, weil 4:30 eigentlich mitten in der Nacht ist, aber ich überlege, ob es überhaupt Sinn macht, nochmal ins Bett zu gehen.
Frühstück gibt es heute erst um 7, aber draußen wird es schon langsam hell und ab 5 beginnt langsam der Sonnenaufgang. Also gehe ich kurz auf Toilette und mache dann für 30min nochmal die Augen zu – schlafen tue ich aber nicht mehr.
Dann ziehe ich mich noch etwas wärmer an, schnappe mir Buch und Tablet und gehe nach draußen.
Ich sitze mit meinem dicken Fleece, zwei paar Hosen, einer Regenjacke und dicken Socken draußen an einem Holztisch, schaue den noch intensiv leuchtenden Mond an – und kann langsam beobachten, wie der Himmel sich verfärbt.
Die ersten Sonnenstrahlen leuchten hinter Bergen und Bäumen hervor und der Himmel ist wie ein Raster.
Gestreift – aber nicht in einem klaren Farbmuster, sondern in den unterschiedlichsten Blau-Orange-Geld-und-Rosa-Tönen.
Im Vordergrund die blauen Wellblechdächer des Forest-Camps.

Mein Guide wacht auf und während wir uns über den Morgen unterhalten, fängt er an kurz meine Schultern zu massieren. Halleluja – da merke ich zum ersten Mal so richtig, wie schwer mein Rucksack auf lange Sicht dann doch ist. Es tut so gut.
Ich schreibe meinen Reiseblog, aber dabei frieren meine Finger wirklich ab!
Bald gibt es dann einen Milk-Tea und darüber freue ich mich sehr.
Müde, müde, müde, aber das Vögelgezwitscher und das Gemurmel der nach und nach aufwachenden Guides sind echt wunderschön.
Ich schaue nach – draußen hat es um die 5° und ich bin auf 2600 Metern Höhe.
Dann taucht auch endlich die Sonne hinter den Bergen auf – ich stelle mich auf meinen Stuhl und lasse die Sonnenstrahlen mein Gesicht beleuchten.
Es ist wundertoll – wenn ich meine Augen nur halb schließe, kann ich die Sonne auf meinen Wimpern hüpfen sehen.
Ein paar wenige Wolken ziehen über den sonst makellos blauen Himmel.
Nach und nach wird es wärmer, worüber ich mich sehr freue. Meine Finger sind immernoch total kalt.
Ich schaue sie an und bemerke, wie braun meine Hände in den letzten drei Tagen geworden sind. Und freue mich erneut über die vier tollen Ringe, die meine Finger wieder verzieren.
Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich sie wiedergefunden habe.
Meine Frühstückswahl wird nochmal geändert, weil ich doch mehr Hunger habe als gestern Abend gedacht.
Tibetisches Brot natürlich, dazu ein kleines Schüsselchen Kartoffelcurry und ein Spiegelei.
Zähne geputzt, Sachen gepackt und weiter geht die Reise.
Theoretisch wäre das jetzt schon der letzte Tag und wir würden uns auf den Heimweg machen. Da wir aber ja einen Tag schneller sind, geht es für uns jetzt nach Landruk. Dort stellen wir unsere Sachen ab und wandern dann zu Hotsprings – also heißen Quellen von Wasser, das aus der Erde kommt. Boaaaaah wie cool!!
Also geht es los – wieder endlos lange erstmal nur bergab – meine Beine melden sich noch ordentlich von gestern. Es geht aber durch den Wald und ist super friedlich, deswegen genieße ich es trotzdem sehr.
So lange dauert es dann auch doch gar nicht, bis wir das Hostel für die Nacht erreichen und dort unsere Sachen abstellen können.
Es ist doch immer eine riesige Erleichterung, wenn man mal den Rucksack loswerden kann – auch, wenn es sich zunächst immer super nackt anfühlt.
Ab jetzt wechselt es immer wieder zwischen Auf und Ab und das ist sehr angenehm.

Gleichzeitig mit uns ist ein Hund am Hostel angekommen und dieser begleitet uns jetzt auf unserem Weg. Am Anfang haut er mich zwei Mal fast um, weil er zwischen meinen Beinen langschießt.
Dann groven wir uns ein und ich finde es so süß, einen neuen Weggefährten zu haben.
Wir kommen an einer Hängebrücke vorbei mit einem riesigen Wasserfall und es sieht so toll aus. Der Hund hat Höhenangst und läuft den Hügel runter und auf der anderen Seite der Brücke wieder hoch moiiiii wie süß.
Ich liebe Wasserfälle, die haben einfach so eine POWER.

Am Wegrand rennt auch einmal das Wasser an einer Blattfront hinunter, was wohl nur durch den starken Regen sichtbar ist, aber es sieht so schön aus. Als würde sich dahinter etwas Magisches verbergen irgendwie.
Bald kommen wir zu einer großen Hängebrücke über einem reißenden Fluss. Es gibt zwei Optionen: Eine alte Holzbrücke. Eine ganz neue moderne Metallbrücke.
Quiz! WER HÄTT’S GEDACHT?! Maite nimmt natürlich die alte Holzbrücke; sie ist ja viel cooler und abenteuerlicher.
KEINE!!!
KEINE 2 Meter auf dieser Brücke.
Auf einmal macht es RATSCHHH. Huch, was war das denn?!?!
AAAYYYAAAYYYYYYY.
Ich schaue an meinem Bein runter.
Ein rausstehendes Metallteil der tollen coolen abenteuerlichen Brücke hat einmal komplett meine Hose aufgerissen. HAHAHAHA.
Keine Sorge, ich bin nicht abgestürzt. Die Brücke hat sich auch nicht aus ihren Angeln gelöst.
Das Metallteil hat auch nichts an mir außer der Hose verletzt.
Aber allein diese Aktion bringt mich schon wieder so zum Lachen. Und wirft mal wieder die Frage bei mir auf, wie ich 19 Jahre alt geworden bin.
WIEEEEE BITTE hahaha.
Bikram lacht mich von der neuen modernen Brücke aus aus und macht ein paar Bilder. Es ist ganz schön luftig auf einmal.
Unser kleiner Buddy versucht, auf die andere Seite zu kommen. Er springt sogar einmal in den Fluss und versucht, rüberzuschwimmen, aber die Strömung ist einfach zu stark. Wir müssen ihn jaulend und bellend zurücklassen und es zerbricht mir das Herz. Ich überlege noch, ob ich ihn rübertragen kann – weiß aber, dass das Schwachsinn ist.
Naja. Mit einem ganzen – und einem halben – Hosenbein geht die Reise zu den Hotsprings weiter. Wir wandern einen so komischen Weg. Ohne Guide würde ich die Hotsprings niemals finden.

Wir wandern durch tolle Natur und müssen irgendwann Eintritt bezahlen. Ich meine, es waren 70ct. Dann geht es noch ein paar natürliche Steintreppen hinunter und schon haben wir die Hotsprings erreicht.
Es wurden kleine Steinpools gebaut, wo das Wasser aufgefangen wird und dort baden schon einige Leute.
Ich fühle mich etwas komisch, meinen Bikini anzuziehen – freue mich aber sehr aufs Wasser. Das beste Gefühl ist, meine Wanderschuhe auszuziehen. Ihr könnt’s euch nicht vorstellen. Ich reibe meine Fußsohle über die etwas rauen Steine und das ist einfach satisfaction PUR! Es tut soooo gut und diese Entlastung ist unbeschreiblich WOAH.
Dann geht es ab ins Wasser und es ist wirklich WIE EIN WHIRLPOOL. Und das Gefühl ist so so verrrückt, draußen sind es bestimmt um die 30°, die Sonne scheint und ich sitze in einem Whirlpool. HÄ?
Es tut aber soo gut, die Beine auszustrecken und ich merke, wie sich meine Muskeln nach 3,5 Tagen wandern jetzt völlig entspannen.
Ich genieße es einige, einige lange Minuten, bis mir echt zu heiß wird. Ich wechsele immer wieder zwischen ‚Beckenrand‘ und Wasser.
Im Wasser tauche ich mit meinem Kopf unter und genieße die endlose Stille. So friedlich… Allerdings ist das Wasser sehr flach, deswegen ist es gar nicht so leicht, unten zu bleiben.
Nebendran hört man beim Auftauchen den wahnsinnig lauten, reißenden Fluss mit eiskaltem Wasser, das oben vom Gletscher kommt. Ich frage Bikram, ob man da drin baden kann.
JA – also wird das gemacht.
Es ist wirklich ein Eisbad. Die Strömung ist superstark, deswegen stehen wir nur am Rand mit unseren Füßen drin, aber das ist wirklich bitterbitterkalt.
Ich setze mich bis zur Hüfte drin und es fühlt sich wirklich schlimmer an als das Eisbaden, das ich mal in der Isar im deutschen Schnee gemacht habe.
Es trainiert aber meine Willenskraft und ich bleibe solange drinnen, bis ich es nicht mehr schlimm finde, drinnen zu sein haha.
Dann geht es wieder zurück in die Hotsprings und dieses Gefühl ist wirklich ein wunderschöner Traum.
Ich wiederhole das ganze noch 3 Mal, weils mir so viel Spaß macht.
Ein mal landet ein weißer, großer Schmetterling auf meiner Hose und ich freue mich hihi. Ich weiß auch, dass Schmetterlinge von nahem auch aussehen wie eklige Insekten und fühle mich auch etwas schlecht, dass ich ihn da sitzen lasse und jedes andere Viech schon längst weggehauen hätte haha. Naja – random Gedanken; so viel zum Thema Oberflächlichkeit 😉
Irgendwann reicht es mir und ich weiß ja auch, dass wir alles wieder zurückmüssen.
Wir ziehen uns wieder um und ich bin am Verhungern.
Bikram hat ein paar Kekse – ich brauche aber unbedingt Mittagessen.
Ab jetzt wird es eine Qual – der Stecker wurde bei mir komplett gezogen. Das warme Wasser, die Wechselbäder, der Hunger. Die Stufen und das endlose Wandern wirken unüberwindbar – ich bin so kaputt.
Ich beiße mich durch, Schritt für Schritt. Wir reden nicht viel und jeder macht sein eigenes Ding. Dann kommen wir endlihchhhh bei einem Hostel an und machen Mittagspause.
Dort gibt es auch einen Ramschstand und ich schaue mir an. Vor allem natürlich die Ringe hehe – kaufen tue ich wie immer nichts.
Ich trinke einen komischen Saft, der viel zu süß ist, aber in meinem Zustand freue ich mich einfach nur über den Zucker.
Das Essen braucht super lange und ich lege mich auf die Bank und mache die Augen zu.
Ich werde vom Hüttenwirt geweckt, weil das Essen da ist. Wupsii da bin ich wirklich kurz weggenickt. hayy die Hotsprings haben mich echt ausgeknockt.
Die gebratenen Nudeln holen mich zurück ins Leben und es geht schon wieder besser.
Dann wird die letzte Etappe für heute angetreten. Es geht den gesamten, wunderschönen Weg wieder zum Hostel zurück.
Zwischenzeitlich schnappe ich mir einen Wanderstock, der meine Knie tatsächlich etwas entlastet und werde von Bikram als alter Mann bezeichnet haha. Da erzähle ich ihm die Geschichte, wie wir früher immer mit Papa Wanderstöcke geschnitztz haben und unseren Anfangsbuchstaben reingeritzt haben.
Auch von den alltäglichen Parkplatz-Diskussionen mit Mama und Papa, dass wir die aber MITNEHMEN WOLLELEEEEEENNNNN.
Dabei habe ich ein rieisiges Grinsen im Gesicht. Positives Heimweh hehe.
Diesmal nehme ich die moderne neue Brücke und mein anderes Hosenbein bleibt heile. Ganz am Ende der Wanderung ballern bei mir auf einmal nochmal Motivation und Energie, ich bin mega schnell und habe das Gefühl, ich könnte das noch den ganzen Tag machen.
Mein Flow wird irgendwann von einem Büffel gestört, der wirklich den gesamten, schmalen Weg versperrt haha.
Als Bikram den Büffel losgeworden ist, geht er wieder voran und ist tatsächlich mal langsamer als ich – ich möchte ihn aber nicht wieder überholen, deswegen enden so dann meine Powerminuten und die letzten 15min der Wanderung, bis wir ankommen.
Wir sind die einzigen Gäste im Hostel und ich komme mit dem Alleine-Sein gut klar!
Zum Abendessen gibt es Momos und zum Abschluss dieser Wanderung zeigen sich die Berge noch einmal in ihrer vollen Pracht und der Ausblick ist atemberaubend!!

Reiseblog, Lesen usw. der übliche Ablauf, bis ich mal wieder gegen 9 tot ins Bett falle.
Mir gefällt dieser Schlafrhythmus so gut!
Ein letztes Mal geht es in diesen Höhen ins Bettchen.
Bussi Bussis,
~Maite