Freitag.
Ich riskiere es mal wieder und fahre mit dem Fahrrad zur Arbeit. Ich packe allerdings die Fahrradpumpe in meinen Rucksack und denk mir hehe schlau schlau, dann kann ichs am Krankenhaus einfach wieder aufpumpen, falls in der Zeit die Luft rausgeht.
Vielleicht liegt es an den zwei Tagen Pause, aber ich düse wirklich sehr motiviert ins Krankenhaus und bin auch echt schnell. Yipiieee – das hat Spaß gemacht.
Fix umgezogen, noch ein, zwei Minütchen unter den Ventilator gestellt und der Tag kann schwitzend beginnen.
Medizinisch passiert nicht viel, aber ich genieße den Vormittag total. Es ist total lustig mit den anderen, ich übe mal wieder mein Nepali, wir sitzen alle beisammen und lachen und ich mag es einfach, hier zu sein.
Um 2 ist meine Schicht zuende und ich will gerade gehen, als die eine Schwester vorschlägt, gemeinsam Chatpat zu machen. Das ist ein typisch nepalesisches Gericht – ich habe es auch schonmal gegessen, aber noch nie selber gemacht. Da bin ich natürlich dabei hehe.
Wir gehen in den anderen Raum und fangen an, alles vorzubereiten. Erstmal Gurken, Zwiebeln und Tomaten schneiden.
Die Schwester geht kurz raus, meint 5 Mal, dass ich mich nicht schneiden soll und kommt dann nach 30sek wieder und meint, sie hat zu sehr Angst, dass ich mich schneide.
Das Messer ist so stumpf, das könnte ich mir wahrscheinlich mit voller Wucht in den Bauch rammen und würde mir trotzdem nichts tun, aber ich finde es sehr süß haha.
Ganz viel Gemüse, dann werden noch Kartoffeln, ein paar Kräuter und Chili geschnitten.
Alles wird in eine große Mülltüte geschmissen – etwas bizarr haha, aber so wird das hier wohl gemacht. Dann werden YumYum Nudeln zerkrümelt und auch noch reingeworfen.

Zum Schluss gepuffert Reis, würzen und alles gut vermischen und VOILA das Chatpat ist fertig.
Ich esse mit den Händen und es schmeckt echt gut, aber jedes Mal wenn ich eine Chili erwische, sterbe ich fast.
Aber ach Mensch – ich bin echt happy. Das ist es doch unter anderem, was das Volunteering und hier leben ausmacht und was es vom ’normalen‘ Reisen unterscheidet.
Einfach komplett in das Leben hier eintauchen und mit den Krankenhausleuten gemeinsam Mittag essen machen, was ich noch nie vorher so gemacht habe.
Das gesamte Personal kommt in den Raum und isst vom Chatpat. Danach mache ich mich mit vollem Bäuchlein auf den Heimweg.
Mein Fahrradreifen ist noch fast ganz vollgepumpt, ich pumpe aber noch einmal nach. Dann fahre ich glücklich los und merke, wie es anfängt in meinem Magen zu rumoren. OH OH. Was ist da los?
Diesen Gedanken kann ich nicht weiter verfolgen, weil ich auf einmal ein Peng höre. Oh – da hab ich mit meinem Fahrrad wohl etwas mitgenommen, was laut weggeflogen ist, denke ich mir.
HAHAHA – das Peng war dein platzender Reifen. Das merke ich nach ein paar Metern. Och Meeeeeeensch. NENENENEEE. Ich hole meine Zauberpumpe ohne große Hoffnungen aus dem Rucksack und pumpe ordentlich – keine Chance; der ist platt platt.
JAJAAAA Papa schreib ruhig in die Kommentare – ich hab dir doch gesagt, kauf dir nen Ersatzschlauch und hab immer Flickzeug dabei – ich habe nichts dabei. Gar nichts außer meiner tollen pinken Pumpe.
Achso, dass ich bei ca. 40° in der Sonne stehe, muss ich glaub ich gar nicht mehr erwähnen.

Das Fahrrad wird also die Straße entlang geschoben in Richtung nach Hause – in der Hoffnung, dass mir irgendein Hansel den Reifen reparieren kann haha. Ich laufe an der Hauptstraße entlang und bin einige Male erfolglos. Meine Retter vom letzten Mal probieren es auch noch mal mit ihrer Hochdruckpumpe, aber da ist wirklich nichts mehr zu retten – irgendwo muss ein fettes Loch sein.
Immer wieder wollen Leute, die ich nach einem Fahrradshop frage, mich zurückschicken in die Richtung, aus der ich gekommen bin. Und meinen JAJA 100 Meter. Ne Bro, sorry – den hätte ich gesehen; ich schaue überall rein haha.
Das ist hier in Nepal wirklich immer eine Krise muss ich sagen. Ich frage Maps, aber auch da weiß ich, dass das 50/50 sind, ob der Laden, den es auf Maps gibt, in Wirklichkeit existiert.
Aber – keine andere Wahl 50/50 sind besser als Nichts. Ich spiele mit dem Gedanken, mein Fahrrad einfach nur stehen zu lassen und den Bus zu nehmen, weil ich schon so überhitzt bin. Dann siegt aber die Vernunft und ich weiß, dass das das Problem nur verschiebt. Außerdem ist es Freitag und ich brauche das Fahrrad bestimmt am Wochenende.
8 Minuten in die falsche Highway-Richtung zum Fahrradstore. Na gut; das kann ich noch verkraften.
Auf dem Weg dorthin laufe ich noch unwissend über eine frisch geteerte Straße und meine weißen Schuhe werden an einigen Stellen schwarz haha.
Als Google Maps sagt, dass ich da bin, sehe ich definitiv keinen Fahrradstore. Ich laufe aber mal in den Laden rein und frage nach. Ein paar Türen weiter bin ich dann endlich erfolgreich JAAAAAA.
Ich frage, was das Reparieren kostet und sie meinen 1800 Rupies. EY niemals; das sind 12€, das zahle ich sicher nicht.
Also sage ich, dass das zu viel ist und ich sonst woanders hingehe – wohlwissend, dass ich nicht wirklich eine andere Wahl habe haha.
Ich schreibe währenddessen noch mit Papa und hole mir Ratschläge, was ein Schlauch kostet und sowas.
Das wundervolle und jetzt schlechte Problem an nem Fahrradverrückten Papa ist, dass ich immer den kompletten Service bekommen und keinen blassen Schimmer von Fahrrädern habe haha.
Ich frage außerdem im Shop, was bitte so teuer ist. Nach einigen Sprachproblemen, tippt der Mann auf einmal 2,50€ in seinen Taschenrechner ein. Das klingt doch schonmal sehr viel besser.
Sie wechseln nur den Schlauch. Ich glaube mit den 12€ wollten sie mich entweder als Ausländerin abziehen oder einen komplett neuen Reifen verkaufen.
Der Übeltäter ist gefunden: Ein fetter Nagel steckt in meinem Schlauch.
Reifen gewechselt – Check!
Papa gibt mir zusätzlich Anweisungen, was ich noch alles kaufen soll, um nächstes Mal selber zu flicken. Ich mache mich zum Affen und zeige den Leuten Bilder von den Sachen, die ich brauche. Sprachbarriere hallöchen. Nicht nur, dass ich die Begriffe auf englisch selber nicht könnte – die Nepalesen kennen sie auch nicht haha.
Sie haben außer dem Schlauch nichts da, also wird das Projekt Flicken wieder verworfen, ich bedanke mich und verlasse lachend den Laden haha. Was ein Erlebnis schon wieder. Mein Reifen ist aber wieder wunderschön und tiptop.
Jetzt kommt aber ja noch die 1h, die vor meinem überhitzen Körper liegt paha.
Wie anstrengend diese Heimreise ist, brauchen wir glaube ich nicht drüber reden.
Ich habe aber einen kleinen tollen Moment mit einem Fremden. Ein Magic überholt mich und der Mann, der an der Tür steht grüßt mich und lächelt mich freundlich an. Sie halten, um jemanden rauszulassen, also überhole ich wieder. Dann überholen sie wieder und er feuert und lacht mich an. Ein winizger Moment, der mich aber die ganze Heimreise lang glücklich macht! Außerdem fahre ich noch an zwei Frauen mit Ziegenherde vorbei. Als die eine Frau sieht, dass ich filme lächelt sie ganz fröhlich in die Kamera und wir lachen einen kurzen Moment gemeinsam, bis ich vorbeigefahren bin. Leider war meine Hand zu leise und das Video beginnt erst danach haha, also kann ich es euch nicht zeigen. Aber der Moment ist in meinem Kopf und vor allem in meinem Herzen abgespeichert.
Als ich Zuhause ankomme bin ich fix und fertig.
Achsooo halt halt halt. Zum Gedanken von vorher, warum mein Magen so komisch rumort. Das selbstgemachte Chatpat hat meinem deutschen Magen wohl nicht so gefallen – es begleitet mich den gesamten Platten-Pilgerweg nach Hause und dann gibt es eine kleine Fortsetzung der Wasserfall-Panne. Ich schaffe es allerdings noch ganz in Ruhe bis nach Hause haha. Und für die tolle Erfahrung nehme ich das sogar „gerne“ in Kauf. Auch wenn ich von Chatpat erstmal genug habe – schon beim Gedanken daran wird mir schlecht.
Toilette, dann Ventilator an und erstmal etwas entspannen und ABKÜHLEN. Dannnn mache ich noch etwas Sport – hab doch gesagt ich ziehe das durch wupwuppp. Noch läuft es und es tut gut hihi.
Es passiert anschließend nicht mehr viel Spannendes, Abendessen usw. – ich bin aber nach der ganzen Reise auch erst gegen halb sechs nach Hause gekommen. Und ich falle nach einem ereignisreichen Tag ins Bett.
Bussi Bussis,
~Maite