Freitag.
Letzter Morgen!
Wahnsinn. Wie verrückt, dass es jetzt bald vorbei ist.
Mein Welcher klingelt schon um Viertel vor 6. Ich muss noch meine Wäsche waschen. Ich brauche einige Sachen davon für Pokhara; und waschen muss hier halt leider immer morgens geschehen, damit die Sonne ihre Arbeit verrichten kann.
Also sitze ich um 6 Uhr morgens vor der Arbeit in der Sonne und schrubbe meine Wäsche. Ayayay – Parallelwelt.
Schnell noch aufhängen.
Ich frühstücke Bhagawans Porridge und dann schwinge ich mich noch ein letztes Mal aufs Fahrrad. Jaja – die Hitze existiert immernoch, aber zum Abschluss soll noch einmal der Weg mit dem Fahrrad genossen werden. Gehört einfach dazu 😉
Da ich zwei Tage Pause hatte, geht der Weg auch echt fix und ich genieße das Fahrradfahren total.
Super verschwitzt bin ich trotzdem, als ich im Krankenhaus ankomme.
Mein letzter Tag. Wie verrückt.
Die letzten Zugänge, die ich heute lege; das letzte Mal Vitalparameter messen; das letzte Mal, Medikamente aufziehen.
Für schon eine Weile jetzt erstmal. Irgendwie komisch.
Heute ist es nochmal total voll; soll wohl ein ordenrlicher Abschied werden 😉 alle laufen hektisch rum, sind gereizt und es gibt viel zu tun. Alle meine Zugänge sitzen wie ne eins hehe.
Guter Abschluss wupwup. Mein allerletzter Patient kann gut Englisch und wir unterhalten uns total nett. Ich meine, er kann stolz mein letzter nepalesischer Patient sein – womöglich sogar für immer – und wir lachen gemeinsam.
Ach das werde ich schon vermissen.
Eine der Medizinstudentinnnen hat für mich ein Top gehäkelt zum Abschied. Wie süß :'((( Sie hat es nicht ganz fertig geschafft – es fehlen noch die Träger und die werde ich noch fertighäkeln. Ich find das so so süß und freue mich mega. :‘))
Ich gehe zum Manager, um mir mein Motivationsschreiben abzuholen. Das dauert so seine Zeit, weil er nichts geschrieben hat. Ich zeige ihm die Vorlage aus Südafrika und er übernimmt das mehr oder weniger. Tiptopppp.
Ja – und dann ist auch schon die Zeit für den Abschied gekommen.
So so komisch.
Ich verabschiede mich. Es ist eher recht schnell und unpersönlich; die Nepales:innen haben es eher nicht so mit Umarmungen.
Und dann trete ich zum letzten Mal hinaus ins andere Universum, wo mir die Hitze wieder ins Gesicht klatscht.
Dann geht es natürlich in mein Lieblingsrestaurant und ich esse zum letzten Mal zwei Naan und Paneer Butter Masala.
Auch hier lasse ich mir ordentlich Zeit und genieße jeden einzelnen Moment.
Ich werde total herzlich verabschiedet und das macht mich echt sehr sehr glücklich.
Das sind so tolle Kleinigkeiten.
Es ist immer noch bollerheiß, aber die Fahrradfahrt macht mir unglaublich viel Spaß.
Ich genieße jede Sekunde – die grüßenden und winkenden Truckfahrer, Leute, die mir einen Daumen hochzeigen und die Routine des Fahrradfahrens. Auf dem Weg halte ich an einem Mangofahrrad an und kaufe mir noch zwei Mangos.

Dann fahre ich glücklich und singend weiter durch die Straßen.
Ich kaufe noch neue Henna-Farbe und Oreos. Auch dabei versprühe ich die ganze Zeit gute Laune.
Zuhause angekommen bin ich aber natürlich trotzdem knallrot und verschwitzt bis zum Geht nicht mehr.
Ich bereite meine Reise vor und genieße einfach den ruhigen Nachmittag.
Irgendwann kommen wieder die beiden Mädchen mit einer weiteren Freundin und spielen im Haus.
Als sie sieht, dass ich mein Henna neu gemacht habe, fragt sie, ob sie und ihre Freundinnen es auch benutzen dürfen. Dazu sage ich natürlich ja, bekomme aber schon wieder das eklige Gefühl von Mittwoch zurück. Sie sind mega verschwenderisch; eine bemalt sich ohne Grund und ohne Muster die gesamten Finger als dicke Flecken und wischt es dann wieder weg.
Naja – ich gehe duschen. Ich brauche eine Pause. Und das hier tut mir einfach nicht gut; ich will weg. Dann laden mich zwei der Mädels zum Essen ein und meinen, dass ihre Mütter das vorgeschlagen haben als Dankeschön.
Ach man – das ist ja schon wieder total süß. Ich hadere allerdings mit mir, weil das auch das letzte Essen hier in Chitwan mit Bhagawan und seiner Familie wäre.
Ich lasse mich aber überreden. Bei Bhagawan wohne ich ja auch nochmal in Kathmandu.
Vorher muss ich allerdings noch den Guide vom Canyoning treffen, der mir meine Schuhe und meinen Bikini vorbeibringt. Wie lieb.
Ihn mag ich so so gerne, ich kann mich so gut mit ihm unterhalten und er hat so eine Leichtigkeit. Und irgendwie eine warme Ausstrahlung. Das mag ich total!
Wir stehen eine Weile beisammen und verabschieden uns dann wieder.
Die anderen sind aber nicht mehr bei Bhagawans Haus – das weiß ich, also versuche ich erstmal, sie zu finden.
Alles nicht so leicht ohne Handys… aber ich weiß ca., wo das Mädchen wohnt.
Als am vermuteten Ort niemand ist, fahre ich wieder zurück nach Hause. Bhagawan ist weg und ich habe keinen Schlüssel dabei. MIST.
Dann also doch wieder zurück. Hier Rumsitzen muss auch nicht sein…
Ich weiß, dass das Mädchen Chaudary mit Nachnamen heißt, also frage ich etwas herum und bin dann sogar erfolgreich. Ich unterhalte mich mit einem jungen Mädchen, das mir erzählt, dass die beiden noch nicht zurück sind.
Ach jee; ich fühle mich irgendwie so verloren.
Mit dem Mädchen unterhalte ich mich ganz nett, bis die anderen auch nach Hause kommen.
Das Essen ist noch nicht fertig, also schauen wir erstmal fern. Achhh das fühlt sich irgendwie an wie Zeitverschwendung. Ich fühle mich irgendwie gar nicht wohl, habe auch noch nicht gepackt und wäre lieber Zuhause.
Ich frage höflich, wie lange das Essen denn ca. dauert, weil ich noch einiges zu tun habe.
Ich werde noch eine Weile vertröstet und mir geht’s wirklich nicht gut. Ich überleg, ob ich mich einfach für die Einladung bedanke, und wieder gehe…
Ich habe irgendwie das Gefühl, ich müsste schreien. Mir stehen auch die Tränen in den Augen; ich weiß gar nicht, was los ist. Ich fühle mich so fremd, fehl am Platz und einsam – obwohl ich unter Leuten bin. Einfach unsicher und klein.
Ich versteh gar nicht, warum.
Ich entscheide mich allerdings dafür, mich durch dieses Gefühl durchzukämpfen, und bleibe. Wann habe ich bitte mal wieder die Möglichkeit in einer lokalen, nepalesischen Familie in einem kleinen Holzhüttchen Abend zu essen?!?
Und siehe da: Meine Stimmung kippt um 180 Grad und ich habe eine tolle Zeit.
Zuerst sitzen wir auf einem Bett und essen Roti, dann ist das Essen fertig. Ich esse gemeinsam mit den beiden Mädels auf dem Boden. Ich spreche viel nepalesisch und mir fällt mal wieder auf, WIE UNGLAUBLICH TOLL das einfach ist. Jedes Mal, wenn ein Wort meinen Mund verlässt, folgt daraufhin lautes Gelächter, Freude und vieles mehr. Wenn ein Nepalese oder eine Nepalesin keine Silbe englisch versteht, kann ich mittlerweile trotzdem eine Konversation mit ihnen füllen. Das fühlt sich so besonders an.
Diese Umgebung hier beim Essen ist auch wahnsinnig beeindruckend für mich – das sind alles recht offene Holzhüttchen und mehrere Familien leben hier als Community zusammen.
Man merkt schon sehr deutlich, dass Bhagawan eher zu den Reichen hier gehört.
Aber dieser Ort hier gefällt mir auch total gut. Sehr rustikal und sehr gemeinschaftlich. Es gibt recht wenig Licht im Dunkeln, was wohl eine meinee größten Herausforderungen hier wäre… Ansonsten erinnert mich das alles hier sehr stark an einen kleinen Bauernhof.
Das Essen schmeckt auch echt gut – eine Art Spinat, Dal, Reis und ein paar Pommes; zum Nachtisch nepalesischer Joghurt. Mmmhhhhh!!!

Als wir fertig sind mit Essen, müssen natürlich die Hände gewaschen werden. Das geschieht in der Hocke beim nächsten überdachten Holzställchen an einem Wasserhahn draußen – direkt neben einer Kuh.
Auch eine einmalige Erfahrung. Dieser Geruch, diese bauernhoflastige Dunkelheit und diese Einfachheit.
Die Zeit scheint für mich hier einfach stillzustehen.
Wer hätte gedacht, dass Händewaschen besonders sein kann.
Am Ende bekomme ich zum Abschied einen Schal umgehängt und geschenkt :‘))) Das ist hier ja recht üblich und ich freue mich so so sehr.
Ich bedanke mich auf nepalesisch und sage noch „Derei sunderi“ zum Schal und werde erstmal eine Weile ausgelacht. Ich verstehe nicht ganz, was los ist; bis ich erfahre, dass ich den Schal als „wunderschöne Frau“ bezeichnet habe. Hahaha upsiii, das nepalesisch muss wohl noch geschliffen werden.
Ich lerne, dass man zu schönen Dingen „Derei sundar“ sagt. Alles klar; wird vermerkt.
Dann begleiten mich alle noch bis nach Hause.
Es war echt ein richtig schöner Abend und eine tolle letzte Erfahrung.
Ich verabschiede mich herzlich und dann ist dieses Kapitel auch schon beendet.
Zuhause packe ich noch, was diesmal superschnell geht, weil ich ein Foto vom letzten Mal haben – und alles wieder genauso machen werde.

Dann schreibe ich noch etwas Reiseblog und ab ins Bettchen. Morgen geht es ab nach Pokharaaa, wo bald auch der nächste Trek auf mich wartet.
Bussi Bussis,
~Maite