Fleißig am Bauen, Nepali lernen und Erinnerungen schaffen

Dienstag.
Beim Frühstück sitze ich nicht mehr am Erwachsenen Tisch, sondern mit den Jungs zusammen. Tatsächlich sind die Tische hier fast immer in Jungs und Mädels aufgeteilt, was ich gar nicht erwartet hätte. Selber vermischen tun sie sich selber ziemlich wenig.
Zum Frühstück gibt es Omelette und einen unfassbar guten Haferbrei. Wow ey, der schmeckt so so gut – oben kommt noch irgendein typischer Sirup drauf und halleluja. Ich esse sehr seeeehr viel. Achso: Im Haus ist alles immer als Buffet angerichtet – jeder kann essen, was er will, deswegen ist es auch gar kein Problem, vegetarisch zu sein, da das Fleisch immer extra ist. 🙂
Nach dem Frühstück geht es zurück zum Waisenhaus – die Arbeit beginnttttt.
Wir sind als erstes in der Pause, deswegen spielen wir Hacky-Sack – das ist ein kleiner Sandball, den ein Amerikaner mitgebracht hat. Den muss man in einer Runde mit Fuß oder Kopf einfach obenhalten.
Das spielen wir mit den Nepales:innen unserer Gruppe, bis Juan Carlos uns sagt, dass wir aufhören sollen. Aus dem Grund, dass die Pause zum Rehydrieren und Ausruhen ist und nicht, um in der prallen Sonne zu spielen. Macht tatsächlich Sinn haha so überhitzt wie man immer am Ende des Tages ist.
Juan Carlos mag ich echt gerne – man hat gemerkt, dass er das echt nicht gerne gesagt hat, weil er gesehen hat, wieviel Spaß wir haben. Dass er aber trotzdem unser Wohl im Auge hat. Eine gute Seele. Dann geht es auch schon an die erste Runde Kies schaufeln und ich bemerke, dass ich tatsächlich etwas Muskelkater von gestern habe.
Indem man in das Schaufeln reinkommt, verschwindet der aber direkt wieder. Ich bin happy, dass mir mein Rücken nicht wehtut, nachdem ich gestern tausend mal schief zu zweit einen Eimer getragen habe.
Und: Jetzt wird natürlich nepalesisch gesprochen so gut es geht. Ich würde es nicht Konversation nennen, aber ich stelle eine Frage und bekomme eine Antwort – das fühlt sich schon ziemlich gut an! 😉 Es ist cool zu sehen, wie man Fortschritte macht. An manche Namen kann ich mich auch erinnern. Noch so eine Sache, die einfach wahnsinnig hart ist: Namen zu verstehen und die sich vor allem dann auch zu merken. Bei den meisten frage ich tausend Mal nach und habe es dann schon wieder vergessen. Naja – ich werde besser!
Die Gruppe an sich interagiert auch schon viel mehr untereinander, jeder lernt sich kennen, jeder wird offener und ich spüre, wie ich Teil des Teams werde.
Außerdem werden wir auch immer schneller und effektiver im Arbeiten.
Wenn gerade mal nichts zu tun is, weil zb der Zement gemischt werden muss, spielen wir kleine Spielchen und es ist faszinierend, wie viel Spaß es macht, zu versuchen, mit einem Stein ein Metallrohr zu treffen. Ich fange an, mit dem Kies zu jonglieren und setze mir das Ziel, am Ende 20 Mal zu schaffen. Es ist so schön, wenn einem langweilig ist, nicht einfach das Handy rauszuholen, sondern einfach kleine Spielchen zu spielen oder sich zu unterhalten. Wir lernen ein nepalesisches Spiel: Du wirfst einen Stein hoch und musst in der Zwischenzeit einen weiteren Stein aufheben, dann den ersten auffangen. Das geht so lange, bis einer runterfällt. Klingt leichter als es ist und es macht mega viel Spaß.
Da wir so schnell sind mit dem Arbeiten, haben wir mittags etwas Zeit über. In dieser Zeit erzählt uns der Principal etwas mehr über die Geschichte des Waisenhauses, welche Werte es so gibt und wie hier alles funktioniert. Das ist wirklich super spannend und ich bin dankbar, einen kleinen Einblick zu bekommen.
Diese Erfahrung hier verbessert mein Englisch bestimmt auch nochmal enorm, weil ich wirklich ausschließlich englisch (oder nepali 😉 ) spreche. Und das einerseits mit den Amerikaner:innen, die echt deutlich sprechen, aber auch mit einigen Nepales:innen mit den stärksten Akzenten, die man sich vorstellen kann haha.
Teilweise merke ich die Hitze und die Anstrengung, da kommt aus meinem Mund nur englischer Müll. Oder ich antworte auf deutsch, wenn jemand mich fragt, was ich gerade auf Nepali gesagt hab. Da schwirren ja dann aber auch 3 Sprachen gleichzeitig durch meinen Kopf – da kann das ja mal passieren. Es ist jedes Mal super lustig hahaha. Das beste Mal war „What does that mean?“ „SCHWITZEN“ und der Gesichtsausdruck daraufhin war wirklich goldwert haha. Jede Reaktion auf meine Deutsch-Aussetzer ist super witzig; die Amis versuchen gleichzeitig aber auch, ein paar deutsche Wörter zu lernen – das ist mega süß.
Nachdem das 2. Drittel des Feldes geschafft ist, geht es wieder ans Volleyball und ans Fuballspielen. Genauso wie gestern macht es mir soooo unglaublich viel Spaß. Diesmal verlieren wir auch gar nicht so Haus hoch. Einmal schieße ich sogar fast ein Tor wohooowww.
Ich werde kurz als Rettungssanitäterin gerufen, weil Philipp statt dem Ball einen fetten Stein getreten hat – also ist der Zeh ziemlich offen.
Ich hab nichts von dem Zeug da, was ich normalerweise Zuhause für so eine Wunde benutzen würde.
Es gibt ein Desinfektionsgel – kein Spray, also wird das draufgeballert. Pflaster gibt es auch nicht, also einen Tupfer drauf und Tape drum herum; das Tape klebt nicht einmal beim Abreißen an meinem Finger, so schlecht ist das. Philipp überlebt es aber und meine Arbeit ist getan hah.
Gestern gab es auch einmal Nasenbluten, da habe ich auch nach geschaut, aber wir hatten kein Kühlpack, also haben wir einfach nur gewartet, bis es aufhört – viel kann man da nicht machen. Das sind alles nur Kleinigkeiten, aber es ist ganz cool, währenddessen die gelernten Sachen meiner Ausbildung mal wieder durchzugehen.
Zurück zum Fußball – ich schwitze, schwitze, schwitze.
Dann springe ich unter die kalte Dusche und fahre mit den anderen zu Bhagawans Haus, weil ich dort heute esse.
Im Van fange ich wieder unglaublich an, zu schwitzen – die Dusche hat so nicht so viel gebracht.
Das Abendessen schmeckt wieder super gut; natürlich mal wieder Reis 😉 und die Konversationen sind auch toll – langsam werden die Fremden hier schon zu meinen Freunden.

Abends haben wir einen Reflexionskreis, jeder gibt ein Shotout an eine Person, durch die man heute inspiriert wurde, die einem geholfen hat oder Ähnliches.
Mein Shotout geht etwas Allgemeienr an die Geduld der Nepalesen, die jedes Wort tausend mal sagen, damit ich es verstehe und dann tausend mal hören, weil ich es übe.
Außerdem bekommt jeder morgens immer eine Challenge, die er den Tag über erledigen muss. Entweder man muss die Locals über ein Thema befragen oder Aktivitäten machen wie beim Abwasch helfen oder ein Farm animal fangen oder oder.
Das wird im Reflexionskreis auch besprochen. Ich sollte heute etwas über das lokale Schulsystem herausfinden und darüber erzähle ich ein wenig.
Es ist nicht viel anders als unseres von den Stufen her, aber der Inhalt ist bestimmt sehr anders. Ich bin schon so müde – das war echt ein langer Tag.

Dann erfahre ich, dass wir diesmal nicht mit dem Auto, sondern mit dem Motorrad zum Waisenhaus zurückfahren. WAAAASSSSSSSSSSSSS. Bevor ich aufsteige, freue ich mich schon wie ein Schnitzel.
Ich steige auf und ab geht die Fahrt. Von dem Moment an, als ich auf dieses Motorrad steige, bis zu dem Moment, als ich am Waisenhaus wieder absteige, bekommt mein Kiefer keine einzige Sekunde, um sich zu entspannen. Ich bin UNUNTERBROCHEN nur am Lächeln und versuche, zu begreifen, was hier gerade passiert.
Ich sitze hinter einem Nepalesen auf einem Roller, der Wind bläst mir in die Haare, der Fahrtwind ist kalt und wir tuckern gerade über schlechte Straßen an Reisfeldern in Nepal vorbei. Wie kann es sein, dass ich gerade hier bin – ich kann es wirklich einfach nicht fassen. Am liebsten würde ich vor Freude anfangen, zu schreien. Genau so habe ich mir meine Reise vorgestellt und dieses Bild wieder verdrängt, weil ich Angst hatte, dass ich sonst enttäuscht werde. Und jetzt bin ich hier und könnte nicht glücklicher sein.
Da das ganze nicht schon toll genug ist, spreche ich mit dem Fahrer – names Sicil (Keine Gewähr für Schreibweisen 😉 ) auch noch Nepali und kann einige Wörter sagen.
Krass, was man in 2 Tagen so schaffen kann.
Er bringt wir noch neue Dinge bei und ich sitze hinten auf einem Moped, fahre durch die Reisfelder Nepals und schreibe in krakeliger Schrift nepalesische Worte auf meinen Spickzettel.
„Weg“ = bato
„Ich habe mich vertan – sorry“ = Golti boio ma pau

Eine kleine eingeschobene Nepali Unterrichtsstunde:

„Wie geht es dir?“ – Dimilai gustota?
„Mir geht’s gut“ – Ramro ta.
„Mir geht es mittel“ – Tik ta.
„Mir geht es nicht gut“ – Na ramro ta/Ramro tschaina.

Wer kann erraten, was „Dimi-cotti borca bayo?“ heißt? 🙂 Schreibt’s in die Kommentare hahah 😉

Zuhause angekommen, wünsche ich eine gute Nacht „Subaratri“ und gehe auf mein Zimmer: 22:15 Uhr. Man bin ich platt… Ich putze noch Zähne, versuche meinen Reiseblog zu schreiben und gebe nach 10 Minuten auf.
Dann falle ich in meine Träume.
Bussi Bussis,
~Maite

3 Kommentare bei „Fleißig am Bauen, Nepali lernen und Erinnerungen schaffen“

  1. Mama meint: „Ich glaube die Übersetzung heißt… Wie gefällt es dir ‍♀️“

  2. Dimi-cotti borca bayo
    das Essen schmeckt super

    1. Hey Maite, endlich bin ich fast auf dem Stand, es macht unfassbar viel Freude von deiner Reise zu lesen, fast als wäre ich selbst unterwegs, danke dafür!
      Dimi-cotti borca bayo heißt: Wie alt bist du?
      Hehe…!
      Alles Liebe aus Hamburg und viel Glück weiterhin, Inke

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