Donnerstag.
Der Morgen verläuft wie jeder andere: Aufwachen, zum Haus fahren, Frühstück und wieder zurück zum Waisenhaus.
Das Basketballfeld ist fertig: Alles ist mit Zement gefüllt, der Zement ist getrocknet und das Feld ist vollständig. Jetzt müssen noch alle Nägel von der Umrandung entfernt werden, die Körbe aufgestellt und einbetoniert werden und kleine Feinheiten erledigt werden.
Es gibt nicht so viel zu tun, deswegen fühle ich mich teilweise recht unnütz, aber wir schaffen es eirgendwie, die Zeit zu überbrücken. Und wenn es mal etwas zu tun gibt, macht das mega viel Spaß. Ein Nagel sitzt super fest und ich bin an der Reihe, es zu probieren. Wir stehen in einer riesigen Matschpfütze und ich habe nicht so viel Lust, im Matsch zu landen, wenn der Nagel sich löst.
Als ich das sage, stellt sich Drew (der Amerikaner, mit dem ich mich bisher am besten verstehe, weil er einfach super offen, herzlich und zuvorkommend ist) mit seinem Knie hinter meinen Rücken und ich lehne mich in der Hocke mit meinem ganzen Gewicht gegen den Nagel. Irgendwann gewinne ich das Battle und das Knie bewährt sich SEHR haha. Drew fängt mein ganzes Gewicht auf und bewahrt mich vor einem Schlammbad. Das ist irgendwie ein schöner Moment von Teamwork.
Ich lerne auch, dass man immer irgendeine Arbeit findet, wenn man nur engagiert ist und danach „sucht“. Wir schaufeln noch ein paar Eimer und Schubkarren an Kies und Sand, tragen kleine Eimer an Zement zum Korb und stellen alle gemeinsam den riesigen Korb auf. Es dauert einige Feinheitsminuten bis der richitg und gerade steht.
Eine weitere Aufgabe ist, das Holz von der Umrandung des Feldes wegzukicken und das ist super, um Aggressionen loszuwerden. Auch, wenn ich hier nicht so viel davon habe. Dass ich mal wieder unglaubich dreckig und verschwitzt bin, muss ich glaub ich gar nicht erst erwähnen haha und es wird mir von Tag zu Tag egaler.
Meine Challenge des Tages ist es, einem Local Karate beizubringen. Da ich keinen einzigen Karate-Kick kann, bringt mir Philipp mir morgens erstmal einen bei. Dann versuche ich im Laufe des Tages zwei Locals diesen Kick beizubringen. Sie tun immer ganz interessiert und aufmerksam; dann sind wir fertig, machen den Kick gemeinsam und sie machen was viel cooleres, als das, was ich ihnen gezeigt habe. Come oooon. Nach den zwei Enttäuschungen flippe ich einfach meine Challenge und versuche, Karate zu lernen. Ich mache echt nicht so eine gute Figur, aber ich gebe mein bestes und es macht echt Spaß.
Meine Lieblingsaufgabe des Tages ist es, Blumentöpfe mit einer Metallbürste abzuschrubben und danach mit Farbe zu bemalen. Es ist mega toll, zu sehen, wie man mit so wenig Arbeit aus etwas altem, „runtergekommenem“ etwas tolles Neues zu machen.
Außerdem: FARBEEE HALLO?!? Als erstes kümmere ich mich um Kriegsbemalung, dann sollen Drew und Canyon mir ein Tattoo machen; Drew malt einen komplett misslungenen Smiley; Canyon malt einfach nur meinen kompletten Arm an. Come onnnn ich wollte n schönes Tattoo. Es macht mich aber trotzdem alles so glücklich, ich kann’s gar nicht beschreiben. Ich sitze hier komplett mit Farbe bemalt in Nepal in der Sonne, bemale Blumentöpfe, lerne was „rot und braun anmalen“ in Nepali heißt, lache und wäre nirgends gerade lieber.
Als wir fertig sind, ist Lunchtime und ich mache mich auf den Weg dorthin. Da kommt der kleinste Junge des Waisenhauses (6 Jahre alt und Vollwaise) vorbei und fängt aus vollstem Herzen an zu lachen, als er meine Kriegsbemalung sieht und rennt dann weg. Das macht mich so so unglaublich glücklich – ich weß gar nicht, was ich sagen soll. Diesem Jungen wurde so viel weggenommen und er strahlt trotzdem so viel Glücklichkeit aus.
Da rückt alles andere bei mir komplett in den Hintergrund und ich will gleichzeitig lachen und weinen.
Mittagessen ist wie immer sehr sehr gut – ich merke aber langsam, dass ich auch mal auf was anderes Lust hätte als Reis mit Linsen und Gemüse. Uiuiui es war noch nicht mal eine Woche – ich bin hier 3 Monate lang.
Danach helfe ich mal beim manuellen Zementmischen (die Maschine ist schon wieder weg) und HALLELUJA ist das anstrengend. Das ist bisher die anstrengendste Aufgabbe des Basketballfeldbauens und die Nepalesen machen das den ganzen Tag. Ich merk’s extrem in meinem oberen Rücken und halte nicht lange am Stück durch eyyyy das ist echt extrem.
Es dauert aber nicht mehr lange und dann ist wirklich alles alles fertig. Krass, was ein cooles Gefühl. 4 Tage und die Kinder hier werden für immer einen Basketballplatz haben.
Da wir noch keine Basketbälle haben, spielen wir als erstes Volleyball auf dem Betonfeld und es kommen wieder wirklich gute Spielzüge zusammen. HEIßßßßß!!
Ich spiele die ganze Zeit barfuß und habe irgendwann eine fette Blase unter meinem Fuß auiiii. Dann springe ich auch noch, um einen Ball zu erwischen und lande mit meiner Ferse direkt auf einem rausstehenden Kieselstein. ALTAAA man des tut echt weh und ich bin sauer auf den Basketballplatz. Ich sage jemandem Bescheid, dass der Stein raussteht, weil das noch öfter zum Problem werden könnte. Er holt einen Hammer, ich nehme ihn in die Hand und zerschmettere den Stein. So bekomme ich meine Rache und das fühlt sich unfassbar gut an.
Der Tag neigt sich dem Ende zu, ich dusche und wir fahren zu Bhagawans Haus. Abendessen, Reflexion und zusammensitzen.
Heute Abend ist New Years Eve – es ist so cool, dass wir das erleben dürfen. Die Nepalesen feiern in das Jahr 2080 rein.
Nepalesische Männer, die mit Trommeln im Kreis tanzen – alles ist total traditionell und es ist schön, ein Teil davon zu sein.
Anfagns schauen wir nur zu, dann werden wir zum Tanz eingeladen und ich bekomme selber eine Trommel in die Hand. Mir machen den Nepalesen nach und es macht echt viel Spaß. Irgendwann gebe ich die Trommel ab und trommele mit einer Plastikflasche weiter, was ein echtes downgrade ist hah, aber die Stimmung ist trotzdem super gut.
Danach führen einige jüngere Nepalesinnen einen choreographierten Tanz zu Musik vor und es ist echt toll, dabei zuzuschauen. Sie sehen alle so schön aus in ihren Saris und mit all dem Schmuck.
Das Gesamtbild ist einfach super harmonisch und ich finde es etwas schade, dass wir nicht wirklich eine Tanztradition in Deutschland haben.
Nach den jungen Nepalesinnen mit Musik aus Lautsprechern, kommen die älteren Nepalesinnen, die zu ihrem Tanz singen und man kann wirklich die verschiedenen Generationen erkennen, was ich ziemlich cool finde.
Nach all den schönen, traditionellen Tänzen gehe ich mit den Amerikaner:innen auf die Bühne und wir performen den „Cupid Shuffle“ – ein Tanz, der sehr bekannt in den USA ist. Für mich ist es das erste Mal, es ist aber wirklich nicht schwer; es sind maximal 6 Schritte haha.
Und das ununterbrochen wiederholt. Irgednwann wird es etwas langsam und heiß, dann steigen aber die Nepales:innen ein und es wird zu einem wunderschönen kulturellen Austausch.
Irgendwann wird auch einfach nur so Musik gepspielt und alle tanzen gemeinsam. Auf jedem Gesicht befindet sich ein großes Strahlen und es ist eine wahnsinnig tolle Stimmung. Eine Nepalesin zeigt und erklärt mir ein paar von ihren Tanzschritten und es ist mega cool, ein kleiner Teil dieses traditioellen Tanzes zu sein.
Zu Neujahr wird von 10 runtergezählt und genauso gejubelt. Nur das Feuerwerk hat „gefehlt“. So cool, dass wir vom Timing her das Glück haben, genau hier dabei zu sein. 🙂
Nach dem Countdown ist die Party auch bald zuende, es werden noch ganz viele Fotos gemacht und gelacht.
Dann bringt Sicil mich mit dem Motorrad nach Hause und ich liebe es immernoch. Wir fahren an einigen Freunden/Verwandten vorbei, die nach Hause laufen und ich winke und sage tataa.
Ich bin froh, als ich gegen halb 1 endlich im Bett liege – das war ein langer, aber toller Tag. Morgen gehen wir auf Safari, also muss ich schon in 4h wieder aufstehen. HILFEEEE bitte nicht.
Bussi Bussis,
~Maite
Was heißt den wir haben keinen traditionellen Tanzen…was ist denn mit Schuhplatteln
Ahahahah ja dann lass den doch nächstes Mal, wenn wir irgendwo sind vorführen ;))
Ne da hab ich tatsächlich auch dran gedacht, aber den machen nur verrückte oder alte Bayern und er sieht KACKE AUS
Frohes Neues Jahr in Nepal, liebe Maite, Grüße aus der Schweiz, der Bernd