Waisenhaus-Verabschiedung und Mückenpanne

Donnerstag.
Zum Frühstück gibt es Joghurt und der schmeckt Chori auch ziemlich gut. Auf dem Tisch vor mir steht meine Schüssel und daneben sitzt ein Jogurtdieb, den ich auf frischer Tat immer wieder ertappe.
Sooo süß.

Auch heute nehme ich mal wieder den Bus – das Fahrradfahren ist einfach zu heiß.
Als ich im Bus sitze, und der Fahrer das Geld einsammelt, bemerke ich, dass ich meinen Geldbeutel vergessen habe. Oh neiinnnn.
Bitte nicht.
In Deutschland: EINMAL DIE FAHRSCHEINE BIDDE – 60€ Schwarzfahren
In Nepal: Ein nettes Lächeln und ein Schulterzucken kombiniert mit einem Gesichtsausdruck, der „alles in Ordnung, kann mal passieren“ aussagt. :‘)
Es ist mir so unangenehm und peinlich, aber leider bleibt mir nichts anderes übrig…
Die gleiche Prozedur muss ich dann auch nochmal im Magic machen und es ist mir sooo unangenehm.
Aber irgendwie muss ich halt in die Arbeit kommen… 🙁
Dort angekommen überlege ich den ganzen Vormittag lang, wie ich jemanden fragen kann, ob er mir Geld für den Heimweg leihen kann. Es ist mir so unglaublich unangenehm.
Zuerst esse ich aber mal wieder mit Khem Reis und das schmeckt wie immer sehr gut – und ich liebe seine Gesellschaft.
Im Curry sind diesmal Sojabällchen und Ommggg schmeckt das gut!
Wir machen noch einige Bilder, weil der Abschied ja bald naht.
So schöööön.

Ich zögere das nach-Geld-Fragen ganz bis zum Ende heraus und frage dann eine Schwester. Sie hat ihren Geldbeutel nicht dabei, organisiert mir aber von einer anderen Schwester 100 Rupees.
Damit schaff ich’s heim ^^.
Mittagessen muss ausfallen, aber ich hab ja eh den Reis gegessen.
Also geht es ab nach Hause.
Ich kühle mich erstmal eine Weile ab, dann mache ich mich auf den Weg zum Mittagessen. Ich fahre zum Restaurant, wo wir als Familie einmal waren, weil das auf dem Weg zum Waisenhaus liegt und ich da danach hinmöchte.
Ich bestelle einen Lassi und Reis mit Paneer.
Das Essen schmeckt SO SO GUUUT und ich genieße jeden einzelnen Bissen.
Außer mit sitzt hier oben auf dem Balkon nur noch ein anderer Mann an einem anderen Tisch.
Als ich aufgegessen habe und gerade den letzten Schluck aus meinem Lassi sauge, treffen sich unsere Blicke, und er fragt mich, ob ich ein Foodie bin.
Ich muss mega laut loslachen und denke mir – EHRLICH?! So leicht kann man das erkennen, auch ohne mich zu kennen haha.
Er meint, er hat gesehen, wie glücklich ich bin und wie sehr ich jeden Biss genieße.
Upsiiiu. Bestimmt kam auch ein paar Mal Papas „MMMMMHHHHHH“ beim Essen.
Wir kommen ins Gespräch und unterhalten uns nett.
Ich verabschiede mich, weil ich ja noch ins Waisenhaus möchte.
Also los geht die Fahrt.
Als ich ankomme, werde ich schon wieder von soo vielen freudigen Kindern erwartet, die mir alle Namasteeee zurufen. Es ist so pur und so toll – wie immer.
Zuerst unterhalte ich mich eine Weile mit Ram.
Die Kinder im Waisenhaus bekommen ab morgen aufgrund der immensen Hitze tatsächlich eine Woche Ferien. Das hat die Regierung für alle Schulen beschlossen.
Das ist ja verrückt.. aber total logisch; es ist mir ein Rätsel, wie man bei dieser Hitze in der Lage sein soll, zu lernen und sich zu konzentrieren.
Und wieder einmal finde ich es so cool, dass ich solche Dinge hier erfahre. Normalerweise schwitzt man einfach nur als Touri und fragt sich, wie das wohl so bei den Einheimischen ist. Hier darf ich auch erleben, wie das alles so gehandhabt wird, welche Auswirkungen und Möglichkeiten es gibt.
Hitzefrei – der Traum eines jeden Kindes. Hier nimmt dieser Begriff aber ganz andere Dimensionen an haha.
Der einzige negative Punkt dieses Waisenhaus. Sie haben einen Affen als Haustier. Der ist angeleint und sieht jedes Mal so einsam und traurig aus, obwohl natürlich alle Kinder glücklich mit ihm spielen.
Das macht mich echt immer ziemlich traurig :'(

Ich unterhalte mich mit den Kindern und übe mein nepalesisch. Krass, dass das das letzte Mal hier sein wird.
Alle sind so offen und fröhlich – das werde ich so vermissen. Und sie haben mir so so viel beigebracht!

Als ich nach Hause komme, setze ich mich mal wieder an meine Häkelsachen. Ich bringe es über mein Herz, mein Top wieder aufzumachen, was nicht gepasst hat. Tut schon sehr weh.
Naja – ich häkele und knote ein wenig vor mich hin, bis mich auf einmal eine böse Überraschung erwartet.
Ich VOLLIDIOTIN habe heute Mittag vergessen, das Fliegengitter vor meinem Fenster wieder zu schließen.
Draußen ist es dunkel.
Drinnen brennt das Licht wie eine Funzel.
Und ZACK – befindet sich in meinem Zimmer eine komplette Insektenarmee. Ne – eher 5.
Ich stehe erstmal eine Ewigkeit da, kann es nicht fassen und bin ratlos, was ich jetzt tue. Ich fasse es nicht hahahaha – ich fange an zu lachen.
Das kann doch nicht sein.
Ich hab gefühlt noch nie so viele Insekten an einem Ort versammelt gesehen.

Überall auf meinem Bett befinden sich auch kleine Viecher.
Meine Gedanken überlegen sich, ob ich das Licht ausmache, mit einer Lampe nach draußen gehe und so alle Insekten wieder rauslocken kann.
Schwachsinn.
Dann rufe ich erstmal die Familie an, um um Rat zu fragen. Papa geht ran, lacht mich aus und muss dann los. Na toll danke fürs Helfen hahaha.

Mir fällt ein, dass wir in diesem Haus einen elektrischen Mückenschläger haben, und ich mache mich auf die Suche.
Bei dieser Suche finde ich einen Staubsauger. HOLYYYYYYY Gott sei Dank.
Ich dachte, wir besitzen keinen. Mein Problem ist gelöst.
Die Lösung habe ich jetzt zwar, aber die Aktion dauert trotzdem eine Ewigkeit.
Das Staubsaugerkabel steckt jetzt dort, wo eigentlich mein Ventilator steckt. Also haben wir hier gerade 40° und ich muss mir einen Staubsauger über den Kopf halten. Puuuhh. Motivationsmusik und einige Pausen haha.
Irgendwann komme ich auf die Idee, mir einen Stuhl zu holen. Dann ist es etwas leichter. Es wird gefühlt nicht weniger.
Eine kleine Nahtoderfahrung wird mir auch noch geschenkt; ich falle fast vom Stuhl. Ayayay, aufpassen Maite.

Zwischendurch rettet mich das Abendessen und ich lasse die Viecher ersmtal Viecher sein.
Abendessen – liebe ich.
Danach geht die Insektenjagd weiter und ich fühle mich schlecht, dass ich heute Abend mit meinem Staubsauger wohl einen Massenmord begehe, aber die andere Alternative wäre nur noch Haus abbrennen gewesen.

https://photos.app.goo.gl/UwKogug1wDhFemPC6

Irgendwann beschließe ich, dass ich ein paar Nachtgenossen behalten werde, stelle den Staubsauger ab und gehe ins Bett.
Die Nacht bleibt – zumindest im Bereich meines Bewusstseins – insektenangriffslos.
Bussi Bussis,
~Maite