Paket, Wasserfall und Sunset

Ich habe mich entschieden, wegen der Medizin-Leute heute nicht in die Arbeit zu gehen.
Trotzdem kann ich leider nicht ausschlafen, aber ich spüre definitiv, dass ich gestern Abend gefeiert hab upsii…
Ich hab gar kein Wasser mehr, also geht es erstmal kurz zur Tankstelle nebenan. Dann wird gefrühstückt und danach geht es für mich zum Paketshop, um jetzt endlich mal das Paket von Jana zu bekommen.
Beim Paketshop angekommen haben die auch wirklich das Paket – wohooow. Und sie akzeptieren auch, dass ich’s annehme.
Jetzt kommt aber leider natürlich mal wieder ein Haken: „Cash only“
Ich habe 31 Rand und brauche 34 Rand… Och nööö des ist doch jetzt nicht dein Ernst.
5min zu Fuß von hier ist wohl eine ATM, also mache ich mich auf den Weg dahin und hoffe, dass ich nicht ausgeraubt werde haha. Die Gegend ist aber wunderschön und es fühlt sich gut und frei an, einfach zu spazieren.
Als ich beim ATM ankomme, sagt mir der Typ „No Network“
Ne oder – des ist jetzt nicht dein Ernst… Ich frag ihn, wie lange das dauert – das kann er nicht beantworten. Er sagt aber, ich kann auch im Supermarkt nebenan Geld abheben. Also läuft Maite zum Pick n Pay neben an und kauft sich einen Apfelsaft. Die Traubenschorle hat ja so gut geschmeckt, deswegen probier ich jetzt doch mal nen Saft aus.
An der Kasse erzählt mir Kassiererin was davon, dass man mit ner Kreditkarte hier kein Geld abheben kann. Was n Schmarrn… Maite hat schon gar keine Lust mehr und findet draußen noch eine ATM, bei der man wohl irgendwie über eine Handyapp Geld abheben kann. App runtergeladen, nicht funktioniert.
Ich, schon mega genervt, mache mich auf den Weg zurück zum Paket-Shop, um der Frau zu sagen, dass ich das Päckchen wann anders hole…
Dann geht die ATM doch wieder und es hat sich schon eine riesige Schlange gebildet. Der ATM ist draußen an der Straße und ich hab unfassbar Angst, dass ich ausgeraubt werde, aber alles läuft gut. Der Spaziergang zurück ist etwas weniger entspannt und ich bin froh, als ich in der Paketstation ankomme.
Ein paar Sachen ausgefüllt und dann ist das Paket endlich in meinen Händen. So viel Aufwand, eyyyy.
Zuhause mache ich mir einen Couscous-Salat und mich dann ready zum Wandern. Ich will eine Wanderung durch einen Wald machen, die die anderen schonmal gemacht haben und die echt ziemlich cool aussah.
Ich ziehe mal wieder alleine los und da ich das lange nicht mehr gemacht habe, fühlt sich das am Anfang echt ein bisschen komisch an. So ganz ohne fremde Stimmen – es läuft nur der Ohrwurm von „Let it rock“ in meinem Kopf in Dauerschleife und dahinter höre ich noch schwach die Natur und die zwitschernden Vögel.
Ich finde, wenn man das erste Mal nach einiger Zeit wieder ganz alleine in der Natur ist, weiß man gar nicht so richtig, was man mit seinen Gedanken machen soll. Manchmal ist der Kopf einfach so leer.
Man kann ganz sein eigenes Tempo wählen, kann stehenbleiben oder nicht, kann losrennen oder sich auf irgendeinen Stein setzen. Lachen, schreien, weinen, wo auch immer einem der Sinn steht.
Hier ist außer mir gerade auch wirklich kein anderes menschliches Wesen. Ich, ganz allein allein. Heute ist mir das irgendwie besonders bewusst.
Nach einigen Minuten gewöhnt man sich wieder daran, alleine zu sein.
Und aus einem unwohlen Gefühl wird Freiheit.
Ja MAN, ich bin gerade nur hier, weil ICH es möchte. Ich kann jederzeit umdrehen, ich kann mich jederzeit umentscheiden, wo ich hinmöchte, ich kann einfach 3h auf einem Felsen sitzen oder einfach machen, was mir gerade einfällt.
Mit meinem Kater und meinem übriggeblieben Schnupfen stellt sich die Wanderung am Anfang als recht anstrengend heraus.
Irgendwann komme ich zu ein paar Steinkästen, auf denen sogar dick und bunt „This is not a trashcan“ draufsteht, schaue hinein und sehe NATÜRLICH Mal wieder Müll.
Ich bin schon wieder krass sauer auf die Menschheit und setze meinen Weg fort. Da kommt mir eine 10er-Gruppe Ü50 Menschen mit ihren Stöcken entgegen, die mich total nett grüßen und mich fragen, ob alles mit meinem Weg passt. Da bin ich wieder etwas besser in Bezug auf Menschen gestimmt und auf geht’s weiter nach oben.
Der Weg läuft total schön durch grüne Wälder hindurch und dahinter bzw. darüber erstreckt sich mal wieder einer von Kapstadts tollen Bergen. Mir fällt mal wieder auf, dass ich hier jetzt schon 3 Monate bin, aber immer noch keine Ahnung hab, welchen Berg ich da jetzt eigentlich gerade sehe – es gibt einfach soooo VIELE!!
Die Wanderung ist recht kurz und bald geht es irgendwie schon wieder halb runter. Hier gibt es keinen Gipfel – ich befinde mich auf einem Rundweg mit dem Ziel eines schönen Wasserfalls. Bei dem bin ich noch nicht angelangt, aber da es erst so kurz war und ich nicht schon wieder nach unten möchte, setze ich mich wirklich einfach nur mitten auf dem Weg auf einen Stein, schaue mir den Ausblick an und denke ganz viel nach. Nicht wirklich aktiv, sondern ich lasse einfach irgendwie meine Gedanken fließen – was im Gegensatz zu unten gerade ganz gut klappt.
Immer wieder verrückt, wo seine Gedanken starten und wie man dann plötzlich merkt, dass man sich auf einer Geburtstagsfeier der 7. Klasse befindet. Oder im Wohnzimmer Zuhause mit Mama und Papa auf der Couch. Oder in der Turnhalle in der Höglwörtherstraße.
Nachdem meine Gedankenreise lang genug gewesen ist, geht für mich die Reise in der Realität weiter – auf dem Weg zum Cecilia Waterfall.
Der erstreckt sich dann bald auch vor mir und ist so WUNDERWUNDERSCHÖN.
Das Wasser plätschert in endlosem Grün so dahin – drum herum überall dunkle, nasse Baumstämme und Moos.
Ich möchte näher heran und werde schon nassgespritzt.
Da kommt in mir das Verlangen auf, einfach in diesen Wasserfall hineinzugehen.
Niemand anderes hier, mit dem ich diskutieren könnte, ob das ne doofe Idee ist. Nur meine Gedanken: Hmmm ich bin eh n bisschen krank, ist das so eine gute Idee?

Kein Handtuch, keinen Bikini dabei…
Dafür habe ich aber mich und meine Freiheit im Gepäck.
Kleidung ausgezogen, Rucksack an einem möglichst trockenen Ort abgestellt, Handy in einen Schuh und noch schnell einen Platz zum Aufstellen gesucht.
Nicht nachdenken und AB ins Eiswasser. Das alles passiert etwas verzögert – mein Körper macht einfach und mein Gehirn versteht es nicht so ganz. Oder anders herum. Oder beides. Jedenfalls plätschert mir plötzlich eisekaltes Wasser auf den Kopf.
Und ich stehe einfach alleine in Unterwäsche in einer natürlichen Dusche im Urwald Kapstadts. Wie bitte?!
Ich fange an zu schreien und zu lachen und es ist sooooo ARSCHKALT, aber ich könnte glücklicher nicht sein.
Kurz wieder raus, aber weil’s so schön war gleich NOCHMAAAL.
Jetzt reicht’s aber wirklich, ich fang schon an zu zittern ey brrr.
Ich sammele meine Sachen zusammen und bewege mich mit allem erstmal an einen trockeneren Ort.

28.03.2023 FREEEEIIIIIIIIIIIIIIIIII
28.03.2023 GLÜCKLICH

Als ich gerade beim Anziehen bin, kommt ein einziger Mensch vorbei. Der lacht, als er mich sieht, und sagt, dass das intensiv gewesen sein muss.
Er erzählt, dass er hier öfter wandern geht und ich heute ziemlich Glück mit dem Wasserfall habe, weil der ohne den vorherigen Regen oft nicht so extrem ist. Mal wieder ein neues Naturphänomen, bei dem ich Glück hatte hihi.
Er wünscht mir einen tollen Tag und zieht weiter.
Als ich wieder angezogen bin, die nasse Unterwäsche außen in meine Rucksackbändel gepackt habe und meine Schuhe an den Rucksack gebunden habe, geht die Wanderung erstmal barfuß weiter.
Ich hab gar keinen Bock, mit meinen nassen Schlammfüßen in meine Socken zu gehen und ich find’s sowieso toll barfuß in der Natur zu sein. 🙂
Der Weg steigt doch nochmal etwas an. Während des Weges bemerke ich irgendwann, dass ich meine Unterwäsche verloren hab. AYAYAYAYYYY – ich hab mir am Anfang noch gedacht – hmmm so sicher ist das vielleicht nicht.
Lachend über meine eigene Dummheit geht es also wieder zurück. Nach etwa 5 Minuten, die mit aber wie eine Ewigkeit vorkommen, finde ich Gott sei Dank die Unterwäsche total verdreckt im Sand liegen UPSSUII.
Diesmal ordentlich festgebunden geht es dann weiter. Demnächst ziehe ich auch meine Schuhe an, weil es jetzt schon eine Weile bergab geht und das langsam doch n bisschen wehtut.
Da kommt mir eine Frau mit 2 Hunden entgegen, die mich nach der Dauer bis zum Wasserfall fragt. Ich gebe ihr meine Einschätzung und ziehe weiter meines Weges.
Den restlichen Weg renne und laufe ich mehr oder weniger runter – ich habe gerade eine Nachricht von den anderen bekommen, dass sie um 17 Uhr zum Sonnenuntergang fahren. Da will ich gern dabei sein, deswegen gehe ich etwas zügiger nach unten.
Macht Spaß 🙂
Unten angekommen dauert es erst eine Weile, bis ich ein Uber bekomme, dann habe ich aber einen total lieben Fahrer. Wir reden über Dankbarkeit, das Leben und vieles mehr. Toller Mensch!
Zuhause angekommen esse ich eine Kleinigkeit und dann geht es direkt weiter zum Sonnenuntergang auf Signal Hill.
Greta und Ella kennen einen kleinen „private“ Spot und wir sitzen mehr abseits von allen Leuten auf einem Steindach – das ist echt ganz cool. Wir klettern über einen Ast nach oben.
Die Aussicht ist wie immer so toll. Die Stadt unter uns sieht aus wie ein Wimmelbild und Sophia und Luisa spielen eine Weile lang „finde einen … „
Ich mache in meinen Gedanken auch mit und es macht echt Spaß.
Allgemein ist wieder alles so friedlich.
Ich lege mich auf den Rücken und schaue eine ganze Weile lang in den endlosen Himmel. Ich glaube, dass ich einen Satelliten vorbeifliegen sehe – da vertrau ich mir aber immer nicht so ganz…
Ich freue mich über die Schiffe im Wasser und frage mich, wie es wohl ist, so lange auf dem Meer zu sein.
Es ist die ganze Zeit echt windig und bald wird es wirklich kalt, man merkt, dass es hier jetzt Herbst ist.
Nachdem die Sonne weg ist, geht es also ab nach Hause und ins warme Bettchen.
Bussi Bussis,
~Maite

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