Aua, Henna und Waisenhaus :)

Freitag.
Heute ist es noch klarer als gestern und der Ausblick ist so unglaublich atemberaubend.
Über der Bergkette schwebt zusätzlich eine Wolkenfront, die mich total an die Wolken über Kapstadts Tafelberg erinnern. Ich könnte hier ewig stehen und zuschauen, aber es geht leider los in die Arbeit.
Auf dem Weg dorthin begleiten mich dauerhaft mit einem Seitenblick die schneebedeckten Berge – ach ist das wundervoll!
Im Krankenhaus geht es ein Mal richtig ab. Es eilen Leute druch die Notaufnahme, jeder wird gebraucht und es bricht eine geordnete Hektik aus. Der Grund dafür: Ein Mann ist mit seinem Fuß unter einen Bus gekommen und jetzt ist dieser nur noch halb.
Für alle die’s interessiert: Hier ein Bild. An alle anderen: GROßE TRIGGER WARNUNG!; einfach überspringen – nichts für nen schlechten Magen haha. Ab für euch zum nächsten Absatz. Da geht’s um tolle Henna-Tattoos 😉

Mit einer Blutdruckmanschette wird erstmal der Blutfluss unterbrochen, dann werden ordentlich Medikamente gegeben – ich impfe Tetanus, richte die Infusion mit Antibiotikum her usw.
Der Mann hat natürlich höllische Schmerzen – das brauche ich gar nicht zu erwähnen, und soll bald operiert werden. Die Wunde wird so gut es geht mit sterilem Wasser durchspült und dann eine Art Druckverband gemacht, was allerdings nicht wirklich möglich ist bei dieser Verletzung. Man kann sowohle Fettgewebe, als auch einen Sehenstrang sehen. Bizarr und makaber: Aber wenn man daran jetzt ziehen würde, würde sich sein Vorderfuß vermutlich heben..
Der Verband ist fertig, dann wird noch eine Schiene zur Stabilisation angelegt, bis der Mann dann verschwindet – hoffentlich schnellstmöglich in den OP.
Ich mache mir bewusst, warum man in Deutschland erst aus dem gehaltenen Bus aussteigt… Echt übel ayayay..
Eine weitere interessante Sache heute ist, zuzuschauen, wie im Fuß ein Zugang gelegt wird. Ein anderer Patient, der einen Arm verletzt und den anderen gelähmt hat. Also wird auf die Fußvenen zurückgegriffen. Das Zugang legen ist tatsächlich nicht erfolgreich, aber es ist trotzdem spannend, das allgemein mal gesehen zu haben.
Ich habe mich mit der einen Schwester zum Essen verabredet. Sie ist die Art von Mensch, die dir ein wohliges Gefühl gibt, wenn sie in den Raum kommt. Bei der du dich sofort sicher fühlst, bei der du das Gefühl hast alles wird gut. Einfach wundervoll – ich genieße ihre Anwesenheit so sehr.
Wir gehen in ein Restaurant, das sie empfohlen hat und ein anderer Pfleger kommt auch mit.
Wir bestellen alle kollektiv Essen und teilen es untereinander. Erinnert mich an Familienurlaube hehe.
Zunächst eine Vorspeise:
Samoosas; liebe ich ja!
Und ein typisches Gericht, wo ich nicht weiß, wie es heißt. Ein hohler, knuspriger Teigball, den man aufbricht und dort selber Curry und eine Art Erbsensuppe hineinfüllt. Gar nicht meins, VIEEEL zu salzig für mich – schmeckt als hätte man beim Surfen im Atlantik ne dicke Welle übersehen.
Aber das ist ja das schöne am Teilen, die anderen beiden essen es auf. 😉
Dann kommt noch eine andere Schwester vorbei – sie bestellt extra; eine Art Dessert.
Als es ankommt sehe ich Bananen und etwas, das aussieht wie Joghurt, und als sie mir anbietet, zu probieren, freue ich mich.
GEIL, denke ich mir, ein leckeres SÜßES Dessert.

Reingebissen.

• Banane: Ja.
• Süß? NEIN.
• Übertrieben Salziggggg: JAA!

OOAHHH komm schon.
Die Anzahl an Malen, die ich schon glücklich in eine „Süßigkeit“ hineingebissen habe und stattdessen komische Gewürze und eine Tonne Salz gegessen habe, ist echt mittlerweile zu hoch geworden. Langsam bekomme ich Vertrauensprobleme :““‘)
So gut die Nepales:innen kochen können, jemand muss ihnen mal zeigen, wie man Süßigkeiten macht!!!!!!
Naja. – so ist wohl der Spaß ausländischer Küche nie zuende.

Wir bestellen noch eine Pizza, Naan und Paneer Butter Masala.
Bei der Pizza war ich sehr skeptisch, ABER – halleluja ich habe eine gute Pizza in Nepal gefunden. Knusprig und lecker. Trotzdem ein Weltenunterschied zu Europa, aber lecker!
Und zum Naan und Paneer muss ich gar nichts sagen. Ich könnte Tränen vergießen, so gut schmeckt das.
Dann bin ich rappelvoll und es geht ans Zahlen. Ich frage „How much is it?“ und bekomme von meiner Lieblingsschwester genau so einen Blick, den sich jeder vorstellen kann, wenn man an eine herzensgute Wohlfühlmama denkt.
Sie sagt gar nichts, sondern lächelt mich einfach nur warm an, kneift kurz die Augen zusammen und bezahlt die Rechnung.
Ich weiß nicht, was ich sagen soll, ich liebe diese Person einfach so so sehr. Und ich bedanke mich tausend mal.
Arm in Arm spazieren wir zurück zum Krankenhaus.

Nach dem Trubel von heute Morgen ist es recht leer und entspannt in der Notaufnahme. Das nächste Ziel: Henna-Tattoo hehe.
Ich habe gestern ein paar Designs rausgesucht und Swasti meint, ach das ist ja viel zu leicht und zeichnet das Tattoo mit einer Leichtigkeit und Präzision. Es ist wahnsinnig meditativ und sie sieht so ästhetisch dabei aus – Wow!

Und es ist so wunderschööön als es fertig ist hehe.

Ich warte eine Weile, bis es getrocknet ist und schwinge mich auf mein Fahrrad.
Fahre aber trotzdem vorsichtig, damit ich es nicht zerstöre hihi.
Der Plan ist, heute nochmal zum Waisenhaus zu fahren, aber ich bin fix und fertig, als ich Zuhause ankomme, brauche also erstmal eine Pause. Ventilator Ventilator Ventilator.
Dann schwinge ich mich wieder auf mein Fahrrad und fahre damit heute zum Waisenhaus.
Ich habe leider die Spielzeit verpasst, als ich ankomme. Also wird nur noch etwas gequatscht und beisammen gesessen.
Es passiert nicht viel Spektakuläres, aber ich finde es einfach schön, hier zu sein.
Recht bald geht es aber auch wieder heim. Ein traumhafter Ausblick und eine wundervolle Heimfahrt. Dann sitze ich noch eine Weile mit der kleinen Chori auf der Terasse und das sind immer ganz besondere Minuten für mich.
Wir schauen gemeinsam den Sonnenuntergang und sie versprüht einfach so eine Lebensfreude.

Es gibt noch Abendessen und dann ab in die Heia.
Bussi Bussis,
~Maite